Fensterln will gelernt sein...

Ein Gedicht von Klaus Enser-Schlag
Elisabeth, die dralle Maid,
ist für die Herren stets bereit.
Egal ob Bauer, Schuster, Schmied,
Elisabeth nimmt alles mit…
und selbst der strenge Herr Kaplan
bändelt mit ihr sehr gerne an.

Heut‘ Abend ist er wirklich scharf
und auch die Elsbeth hat Bedarf:
In ihrem Fenster brennt ein Licht,
das heißt, sie ist „darauf“ erpicht.
Der Herr Kaplan pirscht sich zu ihr
mit Blumenstrauß – ganz Kavalier.

Doch Elsbeth wohnt im dritten Stock,
zwar hat ihr Freier keinen Bock
die morsche Leiter zu gebrauchen,
doch - möchte er in ihr „eintauchen“ -
gibt’s leider keine and’re Wahl,
drum nimmt er auf sich diese Qual…

Die Leiter steht an dem Balkon,
Elisabeth, die wartet schon,
sie wirft ihm eine Kusshand zu
und freut sich auf das Rendezvous.
Schon steigt der Freier auf die Leiter,
er denkt sich noch: „Wär‘ ich doch weiter!“

Da – plötzlich – bei der zehnten Sprosse –
hört der verdatterte Genosse,
ein leichtes Knacken – dann ein Krach!
Die Leiter bricht – welch Ungemach!
Mit lautem Schrei fällt unser Geck,
kopfüber in den feuchten Dreck.

Ein Schmerz durchzuckt ihn – ihm wird schlecht -
ein Splitter steckt ihm im Gemächt!
Verschämt zieht er ihn schnell heraus,
bei Elsbeth geh’n die Lichter aus.
Verdorben ist ihr jede Lust,
„Ein Tollpatsch!“, denkt sie – voller Frust.

Als der Kaplan nach Hause geht,
sein Lieschen vor der Türe steht.
Ihr Antlitz ist von Zorn entstellt,
verhasst ist ihr die ganze Welt.
Das Nudelholz tut seine Pflicht
das „Fensterln“ lohnt sich wirklich nicht…

Informationen zum Gedicht: Fensterln will gelernt sein...

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20.11.2016
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