"Fasse dich kurz" / Spuren der DDR

Ein Gedicht von Jens Gottschall
*****
Die gelben Telefonzellen

Telefonanschlüsse waren in der DDR
keine Selbstverständlichkeit.
Man stelle sich vor:
Zehn von Hundert Haushalten hatten einen Telefonanschluss.
Man lief zur Telefonzelle und dort brauchte man viel Zeit.

Man mußte oft geduldig in der Schlange verweilen,
"Fasse dich kurz" stand auf dem Schild
im gelben Telefonhäuschen,
doch nur Wenige taten sich beim Telefonieren beeilen.

Ortsgespräche kosteten zwanzig Pfennig (+).
Zwanzig-Pfennig Münzen wurden eingeführt
damit das Anrufen in der Telefonzelle problemlos funktioniert.
Sie waren doppelt so schwer wie das Alu Eine-Mark-Stück;
ich kann mich an Zeiten erinnern,
da kam mehr Wechselgeld raus
als man Geld eingeworfen hat ... manchmal war's Glück.

Nicht selten fiel das Geld durch. Wir Kinder wußten das
und schauten oft in den Münzfächern nach
ob da noch was drinnen lag.
Das Kleingeld gaben wir im nächsten Konsum aus,
manchmal sprang 'ne kleine Tafel Schokolade raus.

An die gelben Telefonzellen erinnere ich mich immer wieder zurück.
In den späten 80ern eine "funktionsfähige" Telefonzelle zu finden
war auch großes Glück.
Spuren des Vandalismus zeigten sich noch nach der Wende;
nach vielen Jahrzehnten war das Kapitel zu Ende.

Informationen zum Gedicht: "Fasse dich kurz" / Spuren der DDR

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24.04.2025
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