Die Kraft des Wortes

Ein Gedicht von Jürgen Wagner
Ein Meister über einem kranken Kind
sprach ein paar Worte, heilsam lind,
gab’s seinen Eltern dann zurück:
‚Das wird nun heilen, Stück für Stück‘

Ein Fremder solches mit ansah,
hielt dieses alles nicht für wahr:
Wie kann dies Kind ohn‘ Arzenei
gesunden nur durch Beterei?

Der Meister wies ihn daraufhin
sehr scharf zurecht und sagte ihm:
‚Verstehst du dieses nicht, du Narr?‘ -
Der war beleidigt, um ein Haar

hätt‘ er denselben angefahr’n -
Nun wollte der’s ihm nicht erspar’n:
‚Kann dich ein einz'ger Satz erregen,
könnt er nicht auch ein Kind beleben?‘


Nach einer Sufi-Geschichte:
Ein Sufi heilte einmal ein Kind, das krank war. Er wiederholte einige Worte, dann gab er das Kind seinen Eltern und sagte: “Nun wird es gesund werden.” Jemand, der dies nicht glauben wollte, warf ein: “Wie kann es möglich sein, dass irgendjemand durch ein paar wiederholte Worte geheilt werden kann?”
Von einem sanften Sufi erwartet niemand eine zornige Antwort, doch jetzt drehte er sich zu dem Mann um und entgegnete heftig: “Du verstehst nichts davon. Du bist ein Narr!”
Der Mann fühlte sich sehr beleidigt. Sein Gesicht rötete sich und er wurde sehr wütend. Der Sufi sagte nur ganz ruhig: ”Wenn ein Wort die Kraft hat, dich wütend zu machen, warum sollte ein Wort nicht auch die Kraft haben, zu heilen?”

Informationen zum Gedicht: Die Kraft des Wortes

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10.05.2015
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Jürgen Wagner) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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