Die dritte Abnabelung

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Die dritte Abnabelung

Die erste Abnabelung trennt Mutter und Kind,
Die zweite, wenn es das Haus verlässt,
Wenn Menschen dann erwachsen sind
Und Elternnähe nicht mehr stresst.

In späteren Jahren spürt man es:
Da schwinden Kindheitsinteressen,
Gedanken sind oft im Regress,
Auch trifft man sich zu gutem Essen.

Wie war das noch zu alten Zeiten,
Naturwüchsig Kontakte glühten,
Verwandtschaften sich mochten leiden,
Um Herkünfte sie sich bemühten.

Heut' gehen Menschen in Weitwelten,
Neupartner wünschen kaum Kontakte:
Selbst wenn sie Begegnung bestellten,
Ist Nähe leider das Vertrackte.

So lebt sich langsam auseinander,
Was als unbehaglich wird empfunden:
Man whatsappt zwar noch miteinander,
Doch sieht man leichter auf die Wunden.

Bevor die Herkunft eskaliert,
Nabelt man sich – meist beraten! – ab,
Bleibt lieber isolationsgeführt
Und lebt so einsam bis zum Grab.


©Hans Hartmut Karg
2023

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Informationen zum Gedicht: Die dritte Abnabelung

61 mal gelesen
10.04.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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