Die Brücke
Ein Gedicht von
Ralph Bruse
Die Brücke
Beim zehnten Glockenschlag zur Nacht,
schloss er das hohe Kirchentor -
vernahm, daß jemand leise lacht:
dicht hinter ihm, oder davor.
Da draußen war es auch kaum heller,
als im finstersten Nebelwald.
Er sah sich um und ging dann schneller:
frierend, denn es war lausigkalt.
...Kein Lachen mehr - doch Flüsterstimmen,
durchdrangen seine dumpfen Schritte.
Er sah nur bleiche Nässe glimmen
in Ölpfützen zur Straßenmitte.
...Aber kein Mensch sonst, weit und breit.
Alle Leute gingen schlafen.
Die Lichter fielen in die Zeit -
auch die, im Kohle-Hafen.
Den Holzdamm unter seinen Füßen,
lief der Mann bis ganz zum Ende -
und sprach, als wolle er wen grüßen;
hob Arme in die Luft - die Hände.
Sie stand der Brücke gegenüber,
mit langem wehend nassem Haar.
Die Sicht wurde nur immer trüber,
doch sie erschien ihm tröstlich wahr...
Er holte sie auf seine Seite,
in das einsamste Hafenlicht,
das in schwach funkelnder Weite
keinen Schein zerbricht.
Im Morgendämmern erst verweht:
ihr Flüstern, wenn er zögernd geht.
(c) Ralph Bruse
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