Der Mann (über) vierzig
Ein Gedicht von
Hans Witteborg
Der Mann mit (über) vierzig
Der Spiegel morgens zu dir spricht:
so ganz wie früher bist du nicht!
Wo sonst das Haar – schon leicht ergraut-
man heute auf die Kopfhaut schaut.
Doch aus Ohr und Nasenlöcher
spriessen Haare noch und nöcher.
Die Augen, die einst kühn geschaut,
durch Tränensäcke sind versaut.
Und rings herum so die Figur,
vergleichbar einem Tönnchen nur,
die Taille fort – jedoch dafür
wölbt sich nach vorn ein Biergeschwür.“
Was soll ´s denkt man sich so im Stillen,
wofür gibt es denn Schlankheitspillen?
Die wirft man ein. In kurzer Zeit
ist man nicht mehr so lang wie breit.
Hier aber irrt man ganz gewaltig:
das Fett bleibt da, man wird nur faltig!
Und die Erkenntnis kommt so dann:
du bist fürwahr kein Don Juan!
Die Träne rinnt dir von der Wange;
jedoch Kopf hoch und keine Bange:
in hundert Jahren, Gott sei Dank,
wirst du dann wieder gertenschlank.
Kaum, dass dir der Gedanke kommt,
bist du schon wieder froh, ganz prompt,
und als ein alter Optimist,
bist du zufrieden, wie du bist!
Und plötzlich ist ´s dir einerlei,
du haust den Spiegel nur entzwei.
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