DER GRÜNE MANN
Ein Gedicht von
Jürgen Wagner
Wer schaut denn da so grimmig drein?
Und reißt den Mund auf, gar nicht fein?
Daraus, da sprießen ein paar Ranken
Und in mir purzeln die Gedanken
Ja, Blätter wachsen ihm und Blüten
Ich denk an Märchen, denk an Mythen
Und Früchte trägt er mannigfalt:
Aus ihm spricht wohl Naturgewalt!
Erschrocken schaut er und entsetzt
Hat ihn gar einer verletzt?
In Kirchen ist er oft am Rand
Subordiniert ich ihn stets fand
Doch heute sollt' er in die Mitte!
Das wäre uns're Herzensbitte
Dass man Natura wieder ehrt
Die uns beschenkt und so viel lehrt!
Anm.: Die Grünen Männer bzw. Frauen sind nicht notwendigerweise "grün". Sie stehen für die Natur und finden sich in so manchen mittelalterlichen Kathedralen und Kirchen an Portalen, Kapitellen, Konsolen und Schlusssteinen. Während sie ursprünglich - wie das Medusenhaupt - die (magische) Aufgabe hatten, Böses abzuwehren, wurden sie im Laufe der Zeit auch zu einem Ornament, das das Recht der Natur vertrat, auch wenn man das in der Kirche nicht so laut sagen konnte und deshalb nur etwas versteckt anbringen konnte. so hatte der Mainstream der Unterdrückung der Natur bis hin zur Leibfeindlichkeit hier doch ein stilles Gegengewicht und eine leise mahnende Stimme, wie man z.B. an der Blattmaske des Bamberger Reiters gut erkennen kann. Video: https://youtu.be/XO6kmYkVuu4
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