De mortuis nil nisi bene

Ein Gedicht von Christoph Hartlieb
... Man weiss, dass keiner ewig lebt,
auch wenn er sehr am Leben klebt,
und selbst der grösste Missetäter
muss sterben, früher oder später.
Wenn man ihn dann zur Ruhe bettet,
wird, was nicht stimmte, gern geglättet.
So lernten wir´s schon in der Penne:
De mortuis nil nisi bene.
... Spät, aber doch entschläft ein Mann,
ein Meckerfritze und Tyrann.
Sein letzter Gang wird gross gefeiert.
Die Witwe, tief und schwarz verschleiert,
schluchzt in die Welt hinaus ihr Sehnen,
und reichlich fliessen ihre Tränen.
"Ich kann nicht anders, lieber Männe,
de mortuis nil nisi bene."
... Ein Frauenheld, der Herzen brach,
ihm brach nun selbst das Herze, ach.
Die vielen Witwen, die erschienen,
beherrschen mühsam ihre Mienen.
"Er war", spricht eine, "rücksichtslos,
jedoch in einem war er gross.
Ihr wisst genau, warum ich flenne:
De mortuis nil nise bene."
... Im Hühnerhof herrscht grosse Trauer.
Der Hahn jedoch ist furchtbar sauer.
Gerade jenes Haremsweib,
das er zu seinem Zeitvertreib
mit seinen Krallen wollte greifen,
starb unter einem Autoreifen.
"Du blödes Ding - geliebte Henne,
de mortuis nil nisi bene."
... (Über Tote nur Gutes)
Silesio

Informationen zum Gedicht: De mortuis nil nisi bene

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23.09.2021
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Christoph Hartlieb) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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