Das Rentnertagebuch
Einst hat es den Roman gegeben:
„Hunde, wollt ihr ewig leben?“
Wir sind zwar neugierig gewesen,
aber trotzdem hat es keiner gelesen.
Denn jeder sagte nur geschwind:
„Das les ich, wenn wir Rentner sind.“
Jahrzehntelang hat man geschafft,
nur für sich und andere gerafft.
Stets hatte man dabei im Sinn:
„Wehe, wenn ich Rentner bin.
Dann nehme ich die viele Zeit
und bin zu Reisen stets bereit.“
Die Zeit verging so Jahr für Jahr
und langsam ward die Rente wahr.
Da wollten Politiker mit den Diäten,
dass wir noch länger arbeiten täten.
Doch keinen Tag schenk ich dem Staat,
weil dieser Tag jetzt endlich naht.
Vier Wochen bin ich nun zuhaus,
und komme aus dem Haus nicht raus.
Weil das Telefon bei Tag und Nacht
sich laut und oft bemerkbar macht.
Alle Verwandten, Freunde, Sportkollegen
vor Langeweile den Mund bewegen.
Inzwischen ist ein Jahr vergangen
und ich habe zu sparen angefangen,
nicht das Geld als Zins von Jahren,
nein, ich bin dabei die Zeit zu sparen.
Mein Playboy-Kalender ist zwar toll,
doch alle Termine sind schon voll.
Geburtstage von Nichten und Neffen,
dazu Senioren-, Club- und Klassentreffen.
Mal muss ich Verkaufsangebote holen,
dann dampft ein Sonderzug nach Polen.
Die Paketdienste laden nicht zu knapp
ständig mir Pakete für die Nachbarn ab.
Mein Hausarzt will mich viel bewegen
und überweist mich dann zu den Kollegen.
Ärger mit Müll, Wasser, Toilettenthron
klärt sich meist nicht so am Telefon.
Zum Notar muss ich wegen der Erben,
ich hab gar keine Zeit zum Sterben.
16.02.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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