Das alte Hauptbuch

Ein Gedicht von Alke Jeskulke
Gestern war´s zu später Stunde
ich drehte noch eine Abendrunde,
da leuchtete aus des Tischlers Haus
trautes Licht auf unsere Straße hinaus.

Wir waren nachbarschaftlich vereint
schon viele Jahre. Er war mir Freund.
Beruf und Werkstatt, das war sein Leben.
Morgen wird er alles dem Sohn übergeben.

Leise trat ich ins Kontor zu ihm ein.
Ich sah ihn sitzen im Lichter Schein,
den Kopf gebeugt über ein altes Buch,
in das er die letzten Posten eintrug.

„Das alte Hauptbuch, es ist an der Zeit.
Mein Sohn ist nun für die Firma bereit“
Voller Gedanken sah er mich an.
„Ich weiß noch, als ich hier einmal begann.

Da erhielt ich vom Vater dieses Buch,
in das er getreulich jeden Tag eintrug,
Soll und Haben, seiner Arbeit Gewinn.
Ich hab es geführt in seinem Sinn.

Nun schau, ich schreibe das letzte Blatt
weil das alte Buch wohl ausgedient hat.
Mein Sohn, er geht mit der neuen Zeit.
Dort steht schon der Computer bereit.

Doch bin ich mir sicher, dass er auch,
so wie es seit Generationen Brauch,
wird Soll und Haben täglich notieren
ehrlich Geben und Nehmen kontieren.

Im Haus schlafen meine Enkel schon.
Ich hoffe eines Abends wird mein Sohn
genau wie ich heute, sein Werk beenden
und es weitergeben jüngeren Händen.

Und muss von dieser Welt ich gehen,
mein Soll und Haben bleiben bestehen.
Hier im Hauptbuch kann man lesen,
ob ich im Leben erfolgreich gewesen.

Wohl endet heute meine Zeit,
doch steht schon eine neue bereit
die das gemeinsame Werk weiterführt.
Getreulich Soll und Haben notiert.

Lass uns beide nun ein Gläschen heben.
Auf das alte und auf das neue Leben.
Und das im Hauptbuch alle Tage
Soll und Haben halten einander die Waage“

Alke Bolte 2011

Informationen zum Gedicht: Das alte Hauptbuch

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21.08.2013
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