Begegnung
Ein Gedicht von
Roman Tieck
Ich weiß noch, dass es regnete,
als ich dir begegnete.
Dein Haar war strähnig nass
und dein Näschen blass.
Ich sah dich anfangs nur verschwommen,
weil ich die Brille abgenommen,
die beschlagen war.
Und doch empfand ich klar,
dass ein Blitz in mich gefahren
und du mit deinen nassen Haaren
in mir, der unerfahren
war und jung an Jahren,
ein unbekanntes Beben erregt
und wie ein Sturmwind hinweggefegt
hattest mein genügsames Sein,
das ohne Regung wie ein Stein
verharrte in innerer Seelenruhe
gleichsam verschlossen in einer Truhe,
unerschütterlich
nur bezogen auf sich.
Doch nun sah ich beklommen
dich lächelnd näher kommen.
Vor deinem spöttischen Blick
wich ich scheu zurück.
Ich wusste nichts zu sagen,
war nur wie geschlagen
mit leerem Hirn und Blödigkeit.
Doch du mit kühler Lässigkeit
sprachst mich einfach an.
Auf diese Art begann
in einem Augenblick
ein lebenslanges Glück.
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