Auch Nachts brennt Licht
Ein Gedicht von
Heinz Säring
Einst in der Sowjetunion,
lange her ist es nun schon,
ward dem Volke vorgemacht:
Einer plagt sich auch zur Nacht,
Vater Stalin schläft noch nicht,
denn im Kreml brennt noch Licht.
Jetzt beim Wirt zu später Stunde
spielt man um die nächste Runde,
macht die "Bleibe" noch nicht dicht, -
in der Kneipe brennt noch Licht.
Müllers Max sieht dunkelgrau,
denkt er nachts an seine Frau, -
wenn das stimmte, ei verflucht.
dass der Nachbar sie besucht.
Ist was dran an dem Gerücht?
In der Kammer brennt noch Licht! . . .
Bei den Richters allenthalben
ist die Braune kurz vorm Kalben,
gestern kam das Kalb noch nicht,
und im Kuhstall brennt noch Licht.
Mancher fänd es wirklich nett,
läg er um die Zeit im Bett.
Andre machen ohne Frage
grade gern die Nacht zum Tage,
Unserm Klaus wird das zur Pflicht, -
und am Taxi brennt noch Licht.
Wenn die Menschen - viel der Braven -
nach des Tages Mühen schlafen,
schreibt der Dichter ein Gedicht,
am Computer brennt noch Licht.
Manchmal kommt man auch vorbei
an der alten Bäckerei.
Dass die Mädchen und die Knaben
morgens frische Brötchen haben,
knusprich, wenn man sie zerbricht, -
in dem Backhaus brennt schon Licht.
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