Abschied in Texten

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Schlage ich die Zeitung auf,
lese ich manchen Lebenslauf.
Doch nicht in den Wirtschaftsspalten
kann die Infos ich erhalten.
In den Anzeigen mit Blumen und Kerzen
lese ich von Trauer und Schmerzen.
Von Sorgen, die meist angefangen,
weil wieder einer von uns gegangen.

Vor Jahren uns mancher verwunderte,
denn er erlebte drei Jahrhunderte.
Es verlassen Lehrer und auch Pastoren
uns genauso wie Chefs und Direktoren.
Wurden sie sehr alt und weise
wünscht man Glück auf ihrer Reise.
Haben sie lange und krank gedöst,
dankt man, weil sie nun erlöst.

Keiner hat auf Erden das ewige Leben,
jeder muss es einmal hergeben.
Wenn man sich auch noch so liebt,
es meistens Witwen oder Witwer gibt.
Sie versuchen dann zu beschreiben,
wie sie allein auf der Erde verbleiben.
Ob Christ, Atheist oder in anderem Glauben,
einiges ist verpönt, anderes muss man erlauben.

Doch Herz und Seele erhalten Wehen
wenn Kinder vor den Eltern gehen.
Und wortlos ist man, wenn diese Erben
schon als kleine Kinder versterben.
Waren die Zensuren auch noch so schön,
das Schicksal lässt sie trotzdem geh ’n.
Der Abschieds-Text nur das dann schreibt,
was gut in aller Erinnerung bleibt.

Kosenamen, Hobbys und auch Mentalitäten,
in stiller Kammer oder in Dörfern und Städten.
Vielleicht in Mode, Kunst und Architektur
oder auch nur in Sport und kleiner Literatur.
Fotos und Symbole sollen dann beklagen,
was mit Worten wir nicht wagen.
Ist der Text auch kurz und etwas verkehrt,
es wird trotzdem das verlorene Leben geehrt.

26.05.2016 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Abschied in Texten

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25.05.2016
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