Wir sind über 60

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Wenn die Männer 60 sind,
werden sie wieder zum Kind.
Manche verkaufen Hof und Haus
und wandern in die Welt hinaus.
Sie klettern auf die höchsten Gipfel
oder tauchen in die tiefsten Zipfel.

Andere wollen ins Weltall fliegen,
wenn sie einen Sitzplatz kriegen.
Viele, die bisher nur gelaufen,
sich jetzt eine Harley kaufen.
Nur wer ohne Pappe seit Jahren,
muss weiter mit dem Esel fahren.

Doch wer dazu keinen Mut besitzt,
im Zimmer mit dem Ergo flitzt.
Manche lassen Drachen steigen,
andere die Modellbahn zeigen.
Einige sind Schöffen vor Gericht,
andere schreiben lieber ein Gedicht.

Ich habe Geld zusammen gerauft
und einen Rasentraktor gekauft.
Meine Frau schenkte mir als Witz,
dazu einen ausgedienten AWO-Sitz.
Den hab ich für sie hinten befestigt,
so dass keiner den andern belästigt.

Jetzt reiten wir wie einst Karl May
friedlich durch die Walachei.
Um nicht beim Förster zu löhnen,
musste ich das Rauchen abgewöhnen.
Die Fahrtroute ist uns einerlei,
wir haben die eigene Mitropa dabei.

Eine Kanne mit verlängerten Nuckeln
gestattet Trinken auch beim Schuckeln.
Ein Schälmesser und Obstausstecher
machen den Mundraub immer frecher.
Hört ihr uns von weitem Ziehen,
grüßt uns nur, ihr müsst nicht fliehen.

Finden sich noch mehr solche Nomaden,
könnte eine Karawane nicht schaden.
Doch holt uns mal ein Zipperlein,
ziehen wir bei den Kindern ein.

18.08.2013 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Wir sind über 60

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18.08.2013
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