Der Schlüssel zum Glück

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Dort an der alten Schuppentür
brach neulich ab der Schlüssel mir.
Der Schlüssel, nicht besonders zart,
drehte sich plötzlich ohne Bart.
Ich habe drei Bretter abgenommen,
um in den Schuppen erst zu kommen.

Dort wurde das Schloss abgeschraubt,
weil es ja den Bart geraubt.
Ohne Schloss ist es kein Problem,
da bleibt die Tür halt offen steh’ n.
Ich hab das Schloss entrostet,
was viel Mühe hat gekostet.

In einer dicken toten Käferschar
lag der eiserne Bart ganz offenbar.
Ich legte ihn dem Schlüssel bei
und fuhr alles zur Schlosserei.
Dort war ich schon Jahre nicht
und hörte darum den Bericht.

Der Chef ist schon zwei Jahre tot,
die Chefin hat nun große Not.
Das Finanzamt fordert Steuern,
die Werkstatt müsste man erneuern.
Als Frau ist sie noch sehr agil,
ein neuer Chef hätt leichtes Spiel.

Und keiner der beiden Gesellen
kann sich dem Problem stellen.
Da fiel mir ein alter Kumpel ein,
der auch ohne Frau so ganz allein.
Ich tat als wär die Zeit mir knapp,
gab nur schnell den Schlüssel ab.

Zu Hause suchte ich im Internet,
wo mein Kumpel das Bett jetzt hätt.
Die Suchseiten sich überschlugen,
endlich die Anschrift übertrugen.
Ich hab mich gleich ins Auto gesetzt
und bin zu der Adresse gehetzt.

Drei Stunden haben wir gequatscht,
über diesen und jenen getratscht.
Er teilte mit, er sei noch allein,
für die Frauen müsst er jünger sein.
Da endlich sagte ich ihm leise,
warum ich käm auf dieser Reise.

Er tat zwar ob der Kuppelei entrüstet,
doch dann hat es ihn gelüstet.
Und so haben wir vereinbart,
er holt den Schlüssel mit Bart.
Dabei kann er die Augen drehen
und die Frau sich mal besehen.

Eine Woche mussten wir warten,
spielte er mit falschen Karten?
Hat den Schlüssel er gechasst,
weil er auch bei ihm gepasst?
Doch nach fast sieben Tagen,
Freund und Schlüssel bei uns lagen.

Man merkte es von weitem schon,
denn früher roch er nach Pitralon.
Doch jetzt war es ein zarter Hauch,
zwischen Kopf und Brust und Bauch.
Und so wie der Duft noch schwebt,
hat die letzte Woche er gelebt.

Der Schlüssel war so heiß wie die Frau
und für die Heimfahrt war er zu blau.
Der Schlüssel wurde ausprobiert,
das Schloss dazu hat sich drapiert.
Und er käme samt Schlüssel später,
weil er leider Wiederholungstäter.

Samt Schlüssel hatte alles gepasst,
sodass jeder gleich zugefasst.
Ehe doch noch ein Rivale hier kramt,
planen sie schon das Standesamt.
Und wir wollen für die Stalltür hoffen,
sie war nicht umsonst eine Woche offen.

17.10.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Der Schlüssel zum Glück

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09.11.2014
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