Demut und Hochmut

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Gestern war das Krippenspiel,
das den Leuten gut gefiel.
Da saß ich auf der Kirchenbank
hoch oben im ersten Rang.
Ich saß da und sah mich um,
nicht nur nach dem Publikum.

Vor mir in gleicher Höhe erschien,
des Kirchenaltars Baldachin.
Ganz oben, unter der Decke,
von unten war’ s wie im Verstecke,
standen dort, farblich noch gut,
die Figuren Demut und Hochmut.

Der Hochmut zeigte offen Stolz,
als wär er aus besonderem Holz.
Sein Blick sicher und ruhig schweift,
doch wilder Gedanke in ihm reift.
Der Künstler hat so, leicht übertrieben,
den Eigenstolz bildlich beschrieben.

Vielleicht war man damals so weit,
in der guten mittelalterlichen Zeit.
Die Demut ganz gebeugt dastand,
gehüllt in grobe Sackleinwand,
den Blick gerichtet auf die Erde,
auf dass sie auch erhöret werde.

Ein Bein locker, ein Knie gebeugt,
im Bettelkleid vor Gott geneigt.
Die meisten Sünden sind nicht weit,
doch abhängig von Raum und Zeit.
Was in der Jugend große Sünde,
sind im Alter oft gute Gründe.

Was man mit eigenem Partner tut,
ist beim andern gar nicht gut.
Zwar keiner ohne Fehler ist,
doch irgendwer die Sünden misst.
Nur woher den Messstab langen,
um die Messung anzufangen?

Wo beginnt denn eine Sünde,
die dann wo ein Ende finde?
Ist der Verlauf ganz offenbar,
oder braucht man eine Zeugenschar?
Die 10 Gebote einst die Grenzen zogen,
wenn wir begehrten, stahlen, logen.

Heute man erst lange und tief misst,
ehe eine Sünde eine Sünde ist.
Demut ist kein Eigennutz,
sondern eigentlich ein Schutz.
Es heißt gehorsam, freundlich, gütig,
die Seele beugen, nicht hochmütig.

Manche gehen soweit, zu sagen,
man muss ertragen ohne zu klagen.
Das grenzt an Selbstunterwerfung
und wäre eine Glaubensverstärkung.
Es würde denen die Hoffnung rauben,
die nicht bibelfest in ihrem Glauben.

Die nur wissen, dass mit den 10 Geboten
sich jeder kann durchs Leben loten.
Andererseits Verzicht auf Lob und Ehre,
aber auch meist ungerecht wäre.
Demut kostet zwar allen nix,
aber sie beginnt mit einem Knicks.

Und wer kann schon das Knie noch beugen,
um wahre Demut zu erzeugen?
Bei Frauen, die zum Knicks sich bücken,
reißt dann prompt die Hose in Stücken.
Männer würden sich so verrenken,
als müssten sie eine Kutsche lenken.

Kaum einer wüsste, was er tät,
hieße es „Helm ab, zum Gebet!“
Deshalb war die Politik jetzt schlau,
wählte als Kriegsminister eine Frau.
Mit ihren langen blonden Haaren
wird sie Hochmut und Demut erfahren.

24.12.2013 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Demut und Hochmut

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24.12.2013
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