Allemannstraße 33

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Soll ich euch einmal berichten,
wie wir unsere Freizeit vernichten?
Ihr müsst mich nicht erst fragen,
unser Haus hat 13 Etagen.
Grünen Rasen gibt es in großen Mengen,
sogar betretbar zum Wäsche aufhängen.
Rund herum ist ein Zaun gebaut,
damit niemand etwas klaut.

Dort, wo Wäscheleinen sind gezogen,
kommt höchstens mal ein Ball geflogen.
Viele Stufen zur Haustür tragen,
schwierig für die Kinderwagen.
Die Fahrräder im Keller stehen,
weil dorthin andere Stufen gehen.
Der Fahrstuhl pendelt Tag und Nacht,
beim Schließen manche Türe kracht.

Kommunikation wird groß geschrieben,
aber schreiend nur betrieben.
Kommt beim Fußball ein positiver Treffer vor,
tönt es in der ganzen Siedlung „Tor!“
Der Nachbar über uns sieht es nicht ein:
„Könnt ihr nicht im Keller schrei’ n?“
Wenn auf dem Balkon ich rauche,
ich nicht lange zu warten brauche.

Über mir hör ich es husten,
schniefen, schnaufen, Frischluft pusten.
Dafür rege ich mich nach dem Essen auf,
über den Waschmaschinenmittagslauf.
Über Kinder mit einem Ball
meckert man doch überall.
Aber beim Haus fest stimmen wir an:
„Trink mit mir, Du Nachbarsmann!“

07.04.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Allemannstraße 33

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07.04.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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