Ein wunderschöner Morgen
Ein Gedicht von
Udo Steinke
Ich wache auf an einem wunderschönen Morgen.
Ich erkenne gleich: „Heute hast du keine Sorgen.“
Optimistisch, mit einem Lächeln in dem Gesicht,
halte ich diesem im Alibertspiegel Gericht.
Na ja, bestimmt wird es besser nach der Rasur
und mit dem notwendigen Eingriff in die Frisur.
Nach dieser prozederischen Morgentoilette,
geht es pfeifend zurück zu dem nächtlichen Bette.
Die Hände an der Decke, zum Ausschütteln bereit,
erblicke ich zwei Füße, am Ende eine Maid.
Wie die Natur sie geschaffen hat, so liegt sie da,
unschuldig und hold, zumindest das, was ich so sah.
Dass mir so etwas passiert, hätte ich nie gedacht,
wo habe ich diese Frau nur gestern angelacht?
Schlimmer noch, ich weiß auch nicht einmal mehr ihr Name
und was geschah in der letzten Nacht mit dieser Dame?
Schnell werden ihre Klamotten nach Allem durchsucht,
nach etwas, worauf ist Name und Anschrift verbucht.
Sie schläft derweil noch immer weiter als sei sie tot,
was mache ich nur in meiner ach so großen Not?
Um Peinliches und blöde Fragen zu vermeiden,
entschließe ich mich zu verhindern solche Leiden.
So zieh ich der Holden ihre Kleider sachte an,
„Blöder BH-Verschluss, wie komme ich da nur ran?“
Auch dies wär getan, die Anziehaktion ist vollbracht
und sie schläft immer noch, welch Wunder, ganz tief und sacht.
Ihre Anschrift hab’ ich in der Tasche gefunden,
doch keine Erinnerung an die letzten Stunden.
Über die Treppe trag ich sie zum Auto runter.
Ich hoffe und bete, dass sie wird jetzt nicht munter.
Umständlich mache ich in der Tiefgarage Licht,
leg sie ins Auto, mit `ner Decke über’m Gesicht.
Ich komme mir vor, wie in einem schlechten Krimi.
Ich als der `Mörder´ schaffe weg die `Leiche Mimi´.
An ihrer Wohnung dann, kommen auf neue Fragen,
wie soll ich sie ungesehen da hinauf tragen?
Da ein Geistesblitz, schnell zum Bahnhof hingefahren,
so was passierte mir noch nie in all den Jahren.
Aber zum Glück verließ mich nicht mein wacher Verstand,
so steuerte ich an den nächstbesten Taxenstand.
Das erstbeste Taxi wird von mir nun aufgesucht
und eine Fahrt zur Unbekannten nach Haus gebucht.
Ich erzähl dem Fahrer ein wahnwitziges Märchen
und gab ihm zu verstehen, dass wir sind kein Pärchen.
Meine Überzeugungskraft ist scheinbar nicht sehr groß,
skeptisch und ungläubig schaut er nur auf meinen Schoß,
denkt wohl, ich wär von dem in der Hose gesteuert,
hab ihm aber etwas ganz anderes beteuert.
Erzähle ihm, ich hät sie auf der Straße gefunden,
hät jetzt nur keine Zeit, wär beruflich gebunden.
So bitte ich ihn, sie nach Hause zu verfrachten
und mich auch als nie dagewesen zu betrachten.
Um meiner `Glaubwürdigkeit´ Ausdruck zu verleihen
und um den Chauffeur nicht intimer einzuweihen,
steckte ich ihm gleich zu, das dreifache Taxengeld
hoffe so, dass ihm mein Gesicht aus dem Kopf entfällt.
Der Fahrer soll sie erst vor ihrer Wohnung wecken
und ihr die Geschichte vom Besäufnis dann stecken,
dass Freunde sie im Taxi mit dem Wunsch abgaben,
man solle sie nach Hause bringen, ohne Schaden.
Aufgewühlt von dem Geschehenen fuhr ich zurück,
ich fühle mich irgendwie schäbig und missgeglückt
und das heut, wo ich meinen neuen Dienst antrete
und ich mich nun am ersten Tag gleich recht verspäte.
Doch scheinbar hat mich das Glück noch nicht ganz verlassen,
ich kann diesen Riesenzufall fast gar nicht fassen:
Die Chefin, sagt man mir, hat sich wohl auch verspätet,
schnell wird ein „Vater unser“ gen Himmel gebetet.
Nach zwei Stunden warten, ist sie endlich im Büro,
ich mach mich noch ein wenig frisch im Herrenklo,
dann klopfe ich an und trete selbstbewusst hinein,
mein „Guten Morgen“ gefriert im Mund und ich werde klein.
Das Gesicht hinter dem Schreibtisch ist mir wohl bekannt,
ihre Augen blicken auch, als sei ich nah verwandt.
Es war die holde Maid von der vergangenen Nacht,
die nun mit gequälter Mine zu mir rüberlacht.
Ich frage mich, ob sie sich an die Nacht erinnert
oder was sich ihr Geist im Kopf zusammenzimmert?
Die Nacht wird mit keinem Wort in dem Gespräch erwähnt,
doch erkenne ich, dass auch sie sich Antworten ersehnt.
Mir wird klar, dass was auch war, dies geheim bleiben soll,
egal ob es war ein Flop oder riesentoll.
Und wenn wir uns sehen, auch nur beim Vorübergeh’n,
ist auf unseren Lippen so ein Lächeln zu seh’n.