Mit den Händen sehn

Ein Gedicht von Soso
Hell die Sonne in ihr Fenster scheint,
sie die Wärme der Strahlen fühlt,
macht sich für den Tag bereit,
geht wie jeden Morgen, den gewohnten Gang,
Kaffeeduftdurch die Räume drang.
Sie macht sich auf den Weg.
Den Weg, den sie schon Jahre geht,
es sie niemals in die andre Richtung zieht,
hier kennt sie sich aus,
geht allein niemals darüber hinaus.

Der Beruf füllt sie aus,
als Sekretärin ist sie hier im Haus.
Alles steht an dem gewohnten Platz,
in ihrem Job sie eine Koryphäe ist.
Eine Frau, modern und selbstbewusst,
sie großes Ansehen genießt.
Man sieht es ihr nicht an,
doch schon als Kind, da war sie blind.
Hat die Welt nie mit ihren Farben gesehn,
doch Mitleid hat und „sieht“ sie nicht so gern.

Wenn sie das Büro verlässt,
sie den Weg wie am Morgen geht,
nur umgekehrt, geht jeden Schritt
mit Weile, ist nun nicht mehr in Eile.
Die Büsche links von ihr, sie weiß es schon,
hier Buschwindröschen blühn,
nimmt ein Röschen in die Hand,
befühlt die kleinen Blütenblätter,
ganz weich, zart und wenig bitter.

Sie hört, fühlt, riecht und schmeckt.
Sie so auf ihre Weise die Welt entdeckt.
Leichte Schatten, hell und dunkel
kann sie unterscheiden,
man meint sie sei nicht zu beneiden.
Schnell wird man eines Besseren belehrt,
sie hat es nicht anders kennengelernt,
bedauert hingegen manchen Sehenden,
der alles sehen kann, doch nur wenig erkennt.


16.02.2020 © Soso

Informationen zum Gedicht: Mit den Händen sehn

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16.02.2020
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Soso) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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