Festungen
Ein Gedicht von
Reinhold Welter
Es scheint eine undefinierbare Schwere zu lasten
auf unserer so gewichtigen Wohlstandswelt,
mit ihren endlos langen, lärmenden Straßen,
den Glitzertürmen bis hoch in das Himmelszelt.
Dazwischen klaffen quirlig flimmernde Schluchten,
wie immer funkelnd überbordend erfüllt
von schlierenden Strömen Menschenglasmetall.
Auf den Inseln der Seligen
tummeln sich nur die wenigsten.
Verrennt euch nicht im Spiegelkabinett.
Von allen Seiten prallt der Blick zurück.
Die Leichtigkeit hat sich schon längst verflüchtigt,
das Denken zirkulierend stur verfestigt.
Man zählt die Menschen weltweit in Milliarden.
Sie fliehen durch Wüsten und über Ruinen in Scharen.
Und an den Küsten türmen sich die Meere.
Ist der Druck gestiegen,
wächst auch die Zerstreuung.
Die schillernde Unterhaltungsindustrie
entfacht ein Vergnügungsfeuerwerk wie nie.
Und fröhlich durchgeschüttelt von irrem Gelächter,
gefällt es beinahe allen zunehmend besser,
sind ihre Wünsche doch im Übermaß
befriedigt und immer neue werden beschert,
damit das Ganze nicht an Schwung verliert.
Wo sind hier nun Schuldige
oder Opfer, geduldige?
Oh Wissenschaft, wir glauben mit größter Kraft
an deinen Glorienschein, an deine Macht.
Den überragenden Bauwerkswundern gleich,
erhebt sich der furiose Menschengeist,
erhaben über jeden falschen Verdacht,
zu weltenschweren Gedankenmonumenten,
um Sicherheit und Zuversicht zu schenken.
Festgefressenes Denken
lachend auf Marterbänken.