Zarafa oder das schweigen der giraffen
Ein Gedicht von
marmotier
die erste im abendlande
zeigte in Rom man herum.
Kamelopard man sie nannte.
wie litt sie für Caesars ruhm!
noch nie sah man ihresgleichen.
er liess sie von löwen zerfleischen
vor johlendem publikum.
nach tausendfünfhundert jahren
sah eine man dann in Florenz.
den Medici machte der sultan
Ägyptens sie zum geschenk.
neugierige kamen in scharen.
dort sollte ein stall vor gefahren
die stolze giraffe bewahren.
doch hatte auch diese kein glück.
obwohl sie fürsorglich waren,
brach sie sich bald das genick.
und dann endlich kam Zarafa,
"die Liebliche" hiess sie im land,
von Muhammad Ali Pascha
dem könig in Frankreich gesandt.
zwei jahre dauert' die reise
nilaufwärts und weit übers meer.
man sägte ein loch in die planken.
draus blickte verstört sie und leise
mit blauschwarzen augen umher.
sie blieb nur dadurch am leben,
dass kühe man mitgegeben,
in einem pferch neben ihr.
der milch war ihr dasein zu danken,
weil sonst sie verhungert wär.
doch noch fand kein ende das plagen,
denn nun ging's zu fuß nach Paris,
in einundvierzig tagen,
bevor man sie ruhen liess.
sie tappte auf endlosen wegen
in stiefeln aus leder dahin,
als mantel gegen den regen
gewachster taft sie umfing.
welch seltsame karawane
sah ihres wegs man da gehn.
zehntausende gaffer kamen,
um dieses wunder zu sehn.
da trabten zunächst vier kühe
mit schwingenden eutern voran.
es folgten mit aller mühe
zwei ältere mohren sodann,
ein araber schloss sich noch an.
und mit ihrer schwarzen plane
schlurft' schliesslich Zarafa heran.
hinter ihr her ward gezogen
ein wagen, der käfige trug.
und damit noch nicht genug:
darin waren lauthals am toben
mufflons und antilopen,
die fürchterlich brüllten und schrien.
so zog das spektakel dahin.
doch dann, in Paris, welch ein jubel!
ein jeder bestaunte sie hier.
man führte durch all den trubel
zum Jardin des Plantes jetzt das tier.
es war des königs wille.
hier war ihr neues zuhaus.
und endlich fand sie die stille
und ruhte in frieden nun aus.
man baute für sie ein gehege.
der könig selbst sah sie gern,
tat alles für ihre pflege,
hielt schaden von ihr fern.
manchmal, wenn er vor ihr stand,
frass sie ihm gar aus der hand,
bis im exil er verschwand.
doch dann, nach achtzehn jahren
im neuen heimatland,
fernab von allen gefahren,
ein friedliches ende sie fand.
von ferne kam einst sie gezogen,
der tod war ihr einziger feind.
es waren ihr alle gewogen.
man sagt, ganz Paris hat geweint.
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