theodizee

Ein Gedicht von marmotier
er sann jetzt nach.
gott war zu fern.
verbarg er sich in dunklen weiten
unnahbar hinter seinem letzten stern?
hatte er seiner schöpfung sich vermessen
und dann vergessen
des daseins leiden?
verhallte ungehört der grosse schmerz
all derer, die verzweifelt nach ihm schrien?

manchmal erschien es ihm,
als habe gott kein herz.
wär er ein gott,
er würde heilen, würde retten.

vielleicht war gar kein gott?
wenn wir in unsrer not
ihn nur zum trost erfunden hätten?
nicht sittlich, sondern qualvoll war die welt,
in die zum tode wir hineingestellt,
alleine dem verhängnis preisgegeben.

so sann er lang
wie vorher nie,
beugte sich dann,
bog eine blüte sich heran
und küsste sie.

wenn gott nicht war,
wie hilflos litt das leben!
es scheute wie ein reh,
die augen weit,
und blickte voll entsetzen in die zeit.

es fiel ein alter spruch ihm ein:
"tu keinem wesen weh,
und lindere das leid."
er sprach ihn in sich selbst hinein,
ganz sacht und leise.
jetzt schlossen sich die offnen kreise.


Copyright © Marmotier 2013

Informationen zum Gedicht: theodizee

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20.05.2013
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