Du und ich

Ein Gedicht von Lothar Schwalm
Du liegst im Bett und schaust mir zu,
ich stehe im Zimmer und zupfe
an Deinem Schlafsack herum,
stehe vornüber gebeugt,
den Kopf unter der Deckenlampe,
plötzlich:
Ein Satz und schon
hängt Momo auf meinem Rücken,
„Angriff des Stubentigers“
würde ich das nennen.
Du lachst Dich indessen schief,
während ich versuche,
das Tier wieder abzuschütteln.
Du biegst Dich bereits vor Lachen
und ich gebe auf:
Lasse Deine kleine Katze
auf mir herumturnen…

Wir kämpfen uns durch die Massen,
dann ziehen wir Dich zu zweit auf die Tribüne.
Während Du Dir an der Brüstung
begeistert einen Platz erkämpfst,
sitze ich weiter hinten auf dem Boden,
den Rücken an die Wand gelehnt
und halte mir mit beiden Händen
die Ohren zu:
Verzweifelt versuche ich,
dem Lärm etwas entgegen zu setzen –
das sind die beiden Seiten
eines Jule Neigel-Konzertes.

Unvergesslich diese beiden Momente:
Zwei Episoden aus sechseinhalb Jahren
Freundschaft, unserer Freundschaft,
die ich so sehr schätzen gelernt habe,
die schon so viele Höhen und Tiefen
erlebt hat, die uns erlebt hat,
wie wir sie,
und nach jedem Tief
folgte wieder ein neues Hoch.
Immer wieder gab es Missverständnisse,
Neid, Misstrauen und Verärgerung,
aber wir sind jedes Mal
wieder aufeinander zugegangen,
haben einander zugehört,
uns gegenseitig ernst genommen
und verstanden,
verstanden und verstanden gefühlt,
konnten uns glauben,
dass Verletzungen nicht absichtlich geschehen sind,
und konnten uns auch wieder verzeihen,
um dann erneut aufeinander zuzugehen.
Das ist das,
was ich an unserer Freundschaft so schätze, Evelyn:
Unsere Offenheit und Ehrlichkeit,
aber auch die Intensität und
mögliche Intimität unserer Gespräche.
Keine Frau meldet mich mir
so ehrlich zurück wie Du.
Und dafür danke ich Dir!

Oft muss ich schlucken
oder reagiere erst mal mit Abwehr.
Doch dann merke ich immer wieder,
dass Du mich nicht kritisierst,
weil Du Spaß daran hast,
sondern weil ich Dir was bedeute.
Und das tut mir so unendlich gut!

Trotzdem verstehe ich aber auch
manchmal Deine Distanz nicht.
Denke, ich habe etwas falsch gemacht.
Höre lange nichts von Dir und weiß,
dass Du nur anrufst,
wenn Du etwas brauchst.
Damit kann ich schlecht umgehen.
Wünsche mir,
Du hättest öfter Lust,
einfach nur mal kurz mit mir zu plaudern.
Und weil ich es dann nicht abwarten kann,
rufe ich Dich an und siehe da:
Wir plaudern. Manchmal stundenlang.
Und dann weiß ich wieder,
dass unser Draht noch längst nicht
abgerissen ist, weiß, dass Du und ich
einfach unterschiedliche Bedürfnisse haben.

Ich weiß aber auch,
dass wir uns immer aufeinander verlassen können,
dass wir uns Halt und Stärke geben können,
Mut und Trost spenden,
wenn wir es brauchen,
und dass wir für einander da sind,
wenn Du oder ich den anderen brauchen.
Unsere Freundschaft befindet sich gerade
im verflixten siebten Jahr
und ich bin mir sicher:
Auch dieses siebte Jahr
wird ein verflixt gutes Jahr
für unsere wunderbare Freundschaft,
für Dich und mich!

Danke, Evelyn!


ls241204

Informationen zum Gedicht: Du und ich

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24.07.2011
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