Die Pest - Kapitel 3 (eine Bewohnerin)
Durstig in staubtrockner Hitze
Steh ich in der Schlange und schwitze
Und beobachte andre Gesichter,
Trennung und Trauer ohne Lichter.
Ich denke an die vielen Opfer,
An Leichensack und Lückenstopfer,
Familiengrab musste Massengrab weichen,
Seit neustem verbrennen sie die Leichen.
Der Wind hat die Stadt verwirrt,
Die nach und nach ihr Gefühl verliert,
Die Menschen, abgestumpft und resigniert
In die grausame Gegenwart führt.
Jeder Hoffnungsstrahl erlischt,
Wo die Pest mit schwarzer Angel fischt,
Wo ein Schuss den Dieb erwischt,
Wo die Hitze das Gedächtnis verwischt.
Auch ich denke an meinen Mann,
Der uns von drauß‘ nicht helfen kann.
Wie oft wünsch ich mich in seinen Schoß,
Doch meine Gedanken sind körperlos.
Jede neue Theorie,
Die Hoffnung auf ein End verlieh,
Entpuppte sich als Illusion.
Wer kennt das Ende schon?
All dieses denken sie alle nun,
Doch was sollen wir anderes tun
Als hier auf das Essen zu warten?
Wir haben alle schlechte Karten.