Seelensonntag

Ein Gedicht von Inge Millich
Seelensonntag

Durch verschlungene Waldpfade wandert meine Seele
Leichtfüßig durch grünweiches Moos, durch schlammige Pfützen,
weicht den stolpernden Krabbelkäfern aus und kokettiert mit
flatterhaften Schmetterlingen, erschreckt Schlafmützen.
Weit draußen läuten Kirchenglocken zur heiligen Messe,
während hier, in meiner mystischen Welt, ein Kohlmeisenpärchen
aufgeregt plaudernd die Statik prüft von seinem halbfertigen Neste.
Seelensonntag.
Hier bin ich frei. Frei von Lügenworten,
welche von gezwungenen Lippen gesprochen,
mahnend das Ende der Zeit verkünden.
Frei von den Flammen des Fegefeuers
Frei von falsch verstandenen Sünden
Frei von schmerzendem Spott und glühender Häme
Frei von heuchlerischer Frömmigkeit
Frei für den echten Glauben, den ich ersehne
Frei für unverschleierte Wahrheit.
Tief unter meinen Füßen höre ich sie fragen
Die unfreien Seelen, festgetreten von ihrem starren Schritt:
Wie lange noch, sollen wir diese Welt denn tragen?
Und ich sage: kommt doch einfach mit.
Ich sah, wie der Nebel wuchs vom See übers Tal
hörte lachende Wünsche und Freiheitsgebete
und als er verschwand sah ich ein einziges Mal
den Glückshauch, der fortan meine Seele umwehte.

© Inge Millich
22.3.15

Informationen zum Gedicht: Seelensonntag

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22.03.2016
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