Hexenjagd
Die Obrigkeit macht Hexenjagd,
beschuldigt ist Hein Hinrichs Magd.
Mariechen heißt das schöne Kind,
ihr rotes Haar zerzaust vom Wind.
Viel ist passiert in letzter Zeit,
der Teufel aus der Dunkelheit,
kam in den Ort, so sagt man still,
weil er die Seelen holen will.
Und die ihm Einlass hier gebot,
Mariechen sei´s, die Haare rot
und sicher der Magie vertraut,
wie Hexe, Zaubertränke braut.
Ein Landsknecht fordert scharfen Ritt,
gespenstisch klingt der Pferde Tritt.
Des Sumpfes weiße Nebel steigen,
fünf Reiter sich am Bannwald zeigen.
Da ist sie, hört man Stimmen schrei´n,
nun fängt der Mob Mariechen ein.
Die seufzt und stöhnt mit wirren Blick,
des Landsknechts Hand fasst ihr Genick.
Man schleift sie hin zum Hexenturm,
ein Wind kommt auf und wird zum Sturm.
Man klagt sie an der Hexerei,
die ihre teuflisch´ Sache sei.
Gesteh dein Tun, das schändlich ist,
du Dienerin von Antichrist.
Ein Nachbar, der bezichtigt sie,
dass sie verhext den Hof, das Vieh.
Mariechen leugnet diese Tat,
sie ist zerbrechlich, fein und zart.
Fünf Stunden wird die Magd verhört,
der Nachbar auf den Heiland schwört.
Der Richter ist ein Christensohn,
blickt auf Mariechen voller Hohn.
Bei Folter wird sie schon gestehen,
das Volk, ihr wahres Wesen sehen.
Doch weder Rad´, noch Daumenschrauben,
erschüttern ihren wahren Glauben.
Mariechen hat kein Leid verbrochen,
die Pein geht über vierzehn Wochen.
Dann hat man ihr die Kraft genommen,
sie spricht verängstigt und beklommen.
Bin Satans Tochter, Hexenkind
und wieder wird zum Sturm der Wind.
Die Obrigkeit fordert nun Tod
und auch das Volk in seiner Not.
Verbrennt sie auf dem Scheiterhaufen,
hört man manch´ braven Bürger schnaufen.
Mitte November ist´s so weit,
ein Mittwoch und es hat geschneit.
Das Mädchen steht vorm Flammenmeer,
ihr Blick zum Himmel ist ganz leer.
Mariechen brennt bald lichterloh,
ist schnell erlöst, das Volk scheint froh.
So stirbt sie nun dem Hexenwahn,
wie viele es zuvor getan.
© Hansjürgen Katzer, November 2005