Dädalus und Ikarus
Als Dädalus mit seinem Sohn,
auf Flügeln Kreta war entfoh´n,
da sprach er: „Ikarus mein Leben,
würd´ ich für diese Stunde geben!“
Still zogen sie am Himmelszelt,
wie Zauber lag die Inselwelt.
Im blauen Wasser, tiefer Meere,
vergaß er, der Verbannung Schwere.
„Flieg nicht zu hoch, mein einzig Sohn,
zu heiß ist hier der Sonne Thron.
Das Wachs der Federn schmilzt, gib acht,
schon bald kehrt heim die schwarze Nacht.“
So folgten sie mit Flügelschlagen,
vom Winde durch die Luft getragen,
des Adlers Flug, der sie umkreisend,
den Weg zur fernen Heimat weisend.
Doch Ikarus mit kühnstem Mut
steigt höher auf, zur Sonnenglut.
Der Dädalus sieht´s mit Erschauern,
der Fall kann nicht mehr lange dauern.
Als er den Abstand drauf verkürzt,
Sohn Ikarus zur Erde stürzt,
ins blaue Meer, da taucht er ein,
das muss ein grausam Ende sein.
Als Dädalus den Sohn gefunden,
zerbrochen, Blut aus hundert Wunden,
hat er in Stille ihn begraben,
wo ihn die Götter, so geschlagen.
Nie wieder flogen Menschensöhne,
dem Flug des Vogels gleich, der Schöne.
Der Mensch der Erde vorbehalten,
muss so dem Schicksal innehalten.
© Hansjürgen Katzer, Juli 2011