Androgyn

Ein Gedicht von Editha Provinski
Androgyn

„Was bin ich?
Mann oder Frau?
Ich werd aus Dir nicht schlau.
Schufte wie ein Pferd,
auf dem Bau,
meinen Augen ich kaum trau,
bin ich nun Mann oder Frau?“

Lässt mich all die Dinge tun,
die ein Mann zu machen hat,
um die Familie zu ernähren,
den sozialen Status zu gewähren,
der Dir doch so wichtig ist,
Dich gerne an den Anderen misst,
dabei stets Neid in Deinen Augen ist.

Du meinst, Dein Leben ist so trist,
weil Du aus dem Osten bist.
Du hast es dadurch so schwer...
Dein Leben schwarz wie Teer.
Andere hatten eben Glück,
sie haben geerbt ein Haus am Stück,
Eltern gesegnet Kinder mit Gaben,
gesichert die Zukunft haben.





Oberflächlich gebe ich Dir Recht,
dafür sind sie der Eltern Knecht.
Brauchen uns nicht zu bedanken,
nur für die Kredite bei den Banken.

Ich komme von der Arbeit heim,
einkaufen,
Kind versorgen,
spielen,
Wäsche waschen,
sauber machen,
und dann,
Abendessen kochen nebenan.

Danach gehe ich ins Büro.
Arbeite an den Sachen,
bis in die Nacht,
die Dinge ranzuschaffen,
die Du, Dir so wünschst,
ich glaube,
Du spinnst.

Um das ganze abzurunden
habe ich den Sport gefunden.
Dreimal in der Woche
in das Fitnessstudio,
dazwischen im Büro.




Meinen Körper stärken,
die ganze Last tragen,
um nicht zu versagen.
Drei Runden Kurse,
in die Sauna mit letzter Kraft,
ausgepowert die Emotionen,
falle ich in der Nacht,
neben Dir ins Ehebett.
Das findest Du sehr nett.

Nach der Arbeit musst Du ruhen,
vorm Fernseher mit Hausschuhen.
Kannst Dich nicht verbrennen,
...hinter Gelt herrennen.

Nach der Arbeit treiben lassen,
voll und ganz auf mich verlassen.
Verträge unterschreibst Du blind,
weil es, anscheinend nur meine sind.

„Bist Du für all das blind?
Denkst Du nicht daran,
dass die Blase irgendwann,
mal platzen kann?“

Spürst meine Kraft nicht schwinden?
Wie ich Kämpfe mit den Winden?
Keine Nacht mehr schlafen kann?
Ich fühle mich, wie ein Mann!


Bist Du als Frau nicht privilegiert,
dass Dein Mann Dich nicht regiert?
Kannst alle Sachen machen.
Es lassen richtig krachen.

Solange Du hast Deine Ruhe,
fragst nicht nach meinem Getue.
Welcher Mann macht das schon.
Ich tanz Dir auf der Nase rum,
dass nimmst Du mir nicht krumm.

„Hast Du mir nicht zugehört,
dass mich Dein Verhalten stört?
Kannst mir nicht ein bisschen helfen,
so wie im Märchen die Elfen,
die den Rücken heimlich stärken,
ohne, dass es Andere merken?“

Dazu hast Du keine Lust.
Es mache Deinem Chefe Frust,
dass Kollegen tun es mit Lust,
nach der Arbeit weiterwirken,
Pflanzen für Andere Birken,
sind dann an der Arbeit müde,
ruhen sich auf der Arbeit aus,
danach schmeißt der Chef sie raus.

Die Gespräche machen mich müde,
...immer nur eine Plattitüde.


Du möchtest von der Arbeit kommen,
Dich in unserem Erfolg Sonnen.
Dein Bierchen trinken ab um acht,
dann ins Bett fallen ganz sacht.

Morgens stehst Du fein auf,
setzt Dich an den gedeckten Tisch,
Wie „Tischlein deck Dich.“
Woher es kommt,
interessiert Dich nicht.
Lässt mich überall im Stich.

„Mutter,
was soll ich nur machen,
mein Mann lässt es nicht krachen.
Wir sind doch noch so jung,
müssen für das Alter vorsorgen.
Das Geld abzahlen,
was wir uns borgen,
bei den Banken mit Sorgen.

Ich schaff´s nicht mehr allein,
Das wird unsere Ehe entzweien.
Wir sind schon so lange,
den Weg gegangen,
bekamen unser geliebtes Kind,
ich will es nicht aufgeben
wie andere geschwind.



Sich einen Ersatz besorgen,
denken nicht an morgen,
Leben in den Tag hinein,
sind am Ende, dann allein.“

„Liebe Tochter,
beschwer Dich nicht.
Schau Dir andere Männer an,
die sind kein Gedicht.

Sind schlecht zu ihren Kindern,
schlagen ihre Frauen, saufen, Huren,
Party machen...
All das macht Dein Mann nicht,
die Ehe man nicht bricht.

Mir ging´s genau wie Dir,
schau unsere Ehe an,
wir haben es geschafft,
auch Dein Vater niemals rafft,
dass ich mich kaputt gemacht.

Mein Herz ist heut krank,
das ist der Dank.
Trotzdem bin ich weiter,
mit Deinem Vater heiter.“





„Bruder,
ich brauche einen Rat.
Was soll ich nur machen...?

Schwester,
Du nahmst Dir einen dummen Mann,
Du musst begreifen,
der das tun muss,
der im Kopf, hat nicht nur Humus.

Das Geschlecht ist heut egal.
Die Schwarzer hat ein Buch geschrieben...
Es steht bei Mutter im Regal,
dort ist es auch geblieben.“

Was soll ich nur tun?
Mein Körper wird immer schwächer.
Ich trau´s mir nicht zu sagen.
Bin noch jung, in diesen Tagen.

Okay, dann werd ich weiter machen,
die ganzen Sachen mir aufbürden,
die ein Mann tun sollte in Würden,
die Familie stark zu machen.

Okay, ich lass es alleine krachen.
Mutter hat es auch geschafft,
die ist zwar heute schwach,
weil sie sich hat verbrannt,
deshalb ist ihr Herz, so krank.
Wer ist hier der Dumme,
in der ganzen Summe?
Die Antwort habe ich bekommen,
darin kann ich mich nicht sonnen.

Der kluge Mensch lebt länger,
ist gesund,
wenn sich Andere für ihn,
den Rücken wund geschund.

Verantwortung anderen überlässt,
seine Seele, hängt ins Geäst,
wie ein Fähnchen im Winde dreht,
weil´s einfach leichter geht.

Dem Winde auszusetzen,
hinter dem Gelde, her zu hetzen.
Das ist anstrengend und schwer,
„Mann“ segelt lieber auf dem Meer.

Informationen zum Gedicht: Androgyn

482 mal gelesen
(Eine Person hat das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
-
29.01.2019
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige