Trübsal oder Melancholie

Ein Gedicht von Caeli
Die Morgenröte verkriecht sich heute hinter sieben grauen Wolkenmeeren.
Am Himmel keine Sonnenkugel, die erfüllt mit Lichterspeeren.
Mehr mikroskopisch kleine fein verteilte Regentropfen,
dazu Saharastäube, die unsere freie Sicht zum Sonnenstern verstopfen.

Heimlich sammelt sich das Wasser zu Perlen, klein und rund,
die brechen zaghaft bloß das Licht, aschfahl nur und wenig bunt.
Das leicht getrübte Nass rinnt von Zeit zu Zeit am Fensterglas hinab,
hinterlässt dabei sekundenweise Fährten beinah ohne jede Spur,
die Dunkelheit nimmt schleichend langsam ab,
der Wolkenhimmel zeigt sich mit arg bauchiger Figur.

Das Grün der Wiese wirkt heute äußerst mäßig,
der feuchte Baum, kahlschwarz, ohne jedes Blattwerk, wirkt betagt,
das Grau scheint überaus gefräßig,
hat alles strahlendweiße abgenagt.
Kaum das man den Blick erhoben,
haben sich gar noch Nebelschwaden vor die freie Sicht geschoben.
Gedämpft ist unser Sinn des Sehens,
gefordert ist heute eine andere Gangart des Naturverstehens.

Die Flora entwickelt sich an diesem Tage kaum mehr weiter fort,
die kühle Nässe hemmt den Wuchs sehr, da wie dort.
Baum und Strauch im Garten vor dem Nachbarhaus,
treiben ohne Licht und Wärme kein Blatt und keine Blüte aus.
Die Fauna indes kennt Ruhe oder Stillstand nicht,
Hunger gilt es zu stillen, auch bei trübem Licht.
Der Fuchs stellt den Hühnern nach, er kennt kein Vertun,
die Maus ist vor den Fängen des Greifs niemals sicher, nie immun.

Der Mensch in seiner Geistesglut, wird mit seinen Gefühlen meist seicht dahingetrieben,
lebt er doch mit Gedankengut, das tief in sein Hirn hineingeschrieben.
Des Tages Grau empfindet er zwar wie einen sanften Druck auf seine Seele,
als komplementär zu Sonnengelb und Himmelblau,
überlegt jedoch, dass ihm bei diesem Wetter wohl eine positive emotionale Regung fehle.

Wer aber dazu noch gedankenmüde, abgeschlagen,
wer weiß, dass sein Herz in Kummer weithin fortgetragen,
dessen Gemüt kann das morgendliche Grau recht tief erfassen,
ja, auf dessen Seelenkleid kann sich leicht tiefe Trauer niederlassen.

Fast schön schien mir da die Melancholie,
da die der Seele ein paar Momente der Tristes schnell verzieh.
Oberflächlich nur ins Trübsal hineinversetzt,
hat man sich impulsiv und schnell über diesen Gemütszustand hinweggesetzt:

Grau und bar jeder Morgenröte scheint dieser Morgen,
doch hinter sieben grauen Wolkenmeeren,
weit abseits der Alltagssorgen,
strahlt eine warme Sonnenkugel, die erfüllt mit gleißend hellen Lichterspeeren!

© Caeli

Informationen zum Gedicht: Trübsal oder Melancholie

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15.02.2022
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Caeli) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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