Die Wahrheit spricht leise
Ein Gedicht von
Anouk Ferez
Du schmetterst den Frust wie harte Geschosse,
die Wolkenwand vor dir klafft auf: gallegrün
sind all deine Silben, direkt aus der Gosse
erscheinen die Sätze, die dir grad entfliehn.
Bist du noch du selbst? Bist du’s jemals gewesen,
der Mensch, der du einstmals vorgabst zu sein?
Bekannte Konturen zerbröckeln, neu lesen
muss ich deine Augen: Sie gleichen Gestein!
Du schleuderst den Schwall deiner höhnenden Worte,
den Unrat der Seele mir roh ins Gesicht,
dieses Gift entweiht selbst die heiligsten Orte,
die „Herz“ und „Schoß“ man benennt – merkst du es nicht?
Der Wind atmet aus und legt seine Hände
dir kühlend auf deine glutheiße Wut.
Doch du traktierst auch bei Flaute die Wände:
Zum Schweigen fehlt dir wohl leider der Mut.
Die Wahrheit spricht leise, sie schwenkt weiße Fahnen,
für dich aber ist die Welt scharlachrot.
Und solltest du Frieden auch nur mal erahnen
- du schießt ihn mit deinen Kanonen tot...
© Anouk Ferez 9-9-2015