Trauerklage in sehr schwerer Krankheit

Ein Gedicht von Andreas Gryphius
Ich bin nicht, der ich war, die Kräfte sind verschwunden!
Die Glieder sind verdorrt wie ein verbrannter Graus,
Hier schaut der schwarze Tod zu beiden Augen aus,
Nichts wird als Haut und Bein mehr an mir übrig funden.

Der Atem will nicht fort; die Zung steht angebunden.
Mein Herz das übersteht numehr den letzten Strauß,
Ein jeder, der mich sieht spürt dass das schwache Haus
Der Leib wird brechen ein, gar inner wenig Stunden,

Gleich wie die Wiesenblum früh mit dem Licht der Welt
Hervor kommt, und noch eh der Mittag weggeht, fällt;
So bin ich auch benetzt mit Tränentau ankommen:

So sterb ich vor der Zeit: O Erden gute Nacht!
Mein Stündlein lauft herbei! nun hab ich ausgewacht,
Und werde von dem Schlaf des Todes eingenommen!

Informationen zum Gedicht: Trauerklage in sehr schwerer Krankheit

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30.09.2007
Da der Autor bereits seit über 70 Jahren verstorben ist, darf das Gedicht unter Angabe des Autoren frei verwendet werden.
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