RETABLIEREN

Ein Gedicht von Markus Bürki
IM ALTEN JAHR

Weihnacht vorbei, verrauscht das Fest,
längst abgezogen auch die Gäst’,
Papier entsorgt, drei Körbe prall,
gesondert: Plastic, Glas, Metall…
Noch steht der Baum, doch ohne Sinn,
stummt abgetakelt vor sich hin.
Voll dunkler Ahnung, desperat,
fühlt er: Ein böses Ende naht.
Dann lässt St. Stephan friedlich grüssen
und gönnt uns ein paar Tage Ruh’.
Das Altjahr liegt mir nun zu Füssen
wie ausgetret’ne Wanderschuh.
Da liegen sie, zwei Kameraden,
treulos verlassen auf dem Flur:
Arg strapaziert und spröd das Leder,
und nicht gepflegt, das sieht ein jeder:
An Fels und Eis die Haut zerschunden,
nebst alten Narben frische Wunden.
Die Sohle auch ist sehr beredt,
und hier wird’s ziemlich rasch konkret.
Denn nebst dem Dreck aus Littiwil
klebt halb Europa im Profil:
Vom Napf noch eine Prise Kuhdung,
da schwarzer Russ aus Verduns Festung,
von Pommerns Küste heller Sand,
der dunkle kommt aus Burgenland.
Vom Elsass droht ein Rosendorn,
dies Steinchen stammt vom Matterhorn.
Da schaffen wir jetzt Remedur
mit einer Anti-aging-Kur.
Erst muss der Dreck weg, radikal,
mit Bürste unterm Wasserstrahl;
drauf Altersflecken und Blessuren
zu Leibe rücken mit Tinkturen;
Und nach dem Trocknen: schmieren fetten.
Ich glaub, die Stiefel sind zu retten!

Markus Bürki Schlosswil

Informationen zum Gedicht: RETABLIEREN

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27.09.2013
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