Rabengedanken

Ein Gedicht von Jürgen Wagner
Der Göttervater reiste nicht allein,
zwei schwarze Raben waren sein
Früh morgens flogen sie hinaus
und brachten Kunde spät nach Haus

Heut sprachen sie: du lieber Gott,
allmählich geht die Welt bankrott
Du musst mal nach dem Rechten sehn!
Der Mensch, der will es nicht versteh'n,

dass er die Erde ruiniert
Er schaut nur, dass er expandiert!
Durch ihn verschwinden so viel Arten
Gehört nur ihm der Erdengarten?

Darf er den Erdenschatz leerräumen
und nachts von fernen Welten träumen?
Darf er den Wald, das Meer ausrauben
und sonntags an die Götter glauben?

Die Raben war’n ganz aufgebracht
Der Gott hat lange nachgedacht …
Als er sein Schweigen endlich brach,
da lauschten sie, was er nun sprach!

"Ich ruf es in die Menschenwelt:
Oh Mensch, es kommt, was man erwählt!
Die Götter legen es dir vor:
Behüt‘ das Haus – oder bleib' ein Tor!"


Anm.: Hugin (der Gedanke) und Munin (das Gedächtnis) sind die zwei Raben, die den alten Göttervater Odin ständig begleiteten. Er schickte sie allmorgendlich an den Himmel, damit sie ihm berichteten, was in der Welt vorging. Die Verbindung der Raben als Aasfresser zum Totenreich sowie ihre Klugheit und Cleverness setzten den Göttervater erst imstande, seiner umfassenden Rolle gerecht zu werden. In vielen Traditionen waren und sind die Raben als Kraft- und Totemtiere hoch geachtet und begleiten den Menschen – nicht nur den Schamanen – auf seiner Reise. So war Odin auch als der Rabengott bekannt (Hrafnagut)

Informationen zum Gedicht: Rabengedanken

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09.09.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Jürgen Wagner) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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