Habenwollen, nicht Seinkönnen

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Habenwollen, nicht Seinkönnen

Sie stürmten ins Schlafzimmer der Verstorbenen,
Irgendwo mussten doch noch Geldscheine sein!
Gierig suchten nun überall die Verdorbenen,
Schauten in Schränke und Kästen hinein.

Würdelos führte ihr Habenwollen
Sie vom Schlafzimmer in die Küche.
Ihrer Habgier mussten Tribut sie zollen
Selbst da, wo abgestandene Gerüche...

Als sie nichts weiter fanden bei der toten Armen,
Verließen sie eifernd miteinander das leere Haus.
Aus ihren Augen blitzten Enttäuschung, kein Erbarmen,
Die Gedankenverschwörung ließ sie nicht mehr aus.

Wer könnte sich zuvor schon bereichert haben?
An wen hat sie gar ihren Schmuck verschenkt?
Wo liegen Scheine, werthaltige Gaben,
Auf die lebendiges Begehren gelenkt?

Vom Tage an konnten sie nicht mehr frei sein,
Beschäftigt nur noch mit den Spekulationen:
Habenwollen muss sich immerzu belohnen,
Selbst wenn die Seele damit nicht sündenrein.

Doch wo nichts ist, da gibt es auch nichts,
Mit warmen Händen hatte sie alles verschenkt.
Alle Güte entschwindet deshalb angesichts
Einer Erbgier, die nicht mehr der Toten gedenkt.


©Hans Hartmut Karg
2023

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Informationen zum Gedicht: Habenwollen, nicht Seinkönnen

3.542 mal gelesen
08.02.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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