Grenzen
Ein Gedicht von
Klaus Lutz
Es ist nicht viel geblieben von meinem Leben.
Am Tag gehe ich einkaufen. Erledige das
Notwendige in der Wohnung. Liege im Bett.
Oder sitze am Fenster. Und trinke Tee. Nachts,
sitze ich am Computer. Lese etwas. Oder sehe
mir Müll an. Oder versuche einen Gedanken
zu finden. Etwas, aus dem sich ein Text bauen
lässt. Und kämpfe dann so: "Gegen das Allein
sein! Gegen die Langeweile! Gegen das
Verlieren!" Dieses Gefühl, mit dem das Leben
verschwindet. Dieses Denken, das ins sinnlose
führt. Diese Welt, die mir so viele Lügen erzählt!
Es ist nicht viel geblieben von meinem Leben.
Ich denke so über das nach, was in der Zeitung
geschrieben steht. Was ich so in den Nachrichten
alles höre. Und frage mich dann so, wenn ich von
Kriegen höre: "Wie sehr ich ein Teil von diesen
Kriegen bin?" Und wenn ich von Mördern höre:
"Wie sehr ich ein Teil von diesen Mördern bin?"
Und ich versuche so eine Wahrheit zu finden.
Oder einen Satz. Oder einen Traum. Etwas, das
es erträglich werden lässt. Dieses Leben. So mit
all dem Wissen, was auch ich bin!
Es ist nicht viel geblieben. Ich hänge an einem
dünnen Faden. Und er kann jeden Moment reißen.
Und nichts wird bleiben. Nichts von dem was
ich dachte. Nichts von meinen Wünschen. Aber
ich höre noch so das Leben. Noch ist es da. Es
kommt immer gerade um die Ecke. Dann wenn
ich glaube, nun ist es vorbei. Es ist endgültig aus.
Keine Sonne mehr. Keine Welt mehr. Aber es
kommt immer wieder um die Ecke. Ich habe
Glück. Wie schon so oft, mit diesem Leben. So
immer an der Grenze. Da, wo die Liebe zum
Wahnsinn werden kann!
Klaus Lutz
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