Gereifte Jugend
Ein Gedicht von
Georg Babioch
Nach über zehn Jahren haben wir uns wieder getroffen,
Unsere Jugendjahre waren seit jenen Tagen verflogen;
Schon damals haben wir uns miteinander nie überworfen,
Zu keiner Gelegenheit getäuscht und belogen.
Noch stand deine Reife nicht in deinem Gesichte
geschrieben,
Weich und formschön deine Gesten, Mimik, dein Gesicht;
Ein lodernder Funke deiner Jugend ist dir nach wie vor
verblieben,
Welcher Funke mein Herz wieder pochen läßt und es wärmlich sticht.
Wenn ich es schaue, wie dein Haar im Wind geflattert,
Und dein zartes Lächeln eine Aura verbreitet,
Über mein Gemüt, welches Deine Anmut für sich ergattert
Und einatmet, bedürftig dir entgegenschreitet.
Gereifte Jugend, die deinen Körper verwaltet,
Gereifte Sinne , ich verspüre sie in mir;
Zarte Zuneigung für dich erschaffen, nach wie vor nicht erkaltet,
Mein Verlangen mir verblieben, nach deinem Körper, nach dir.
Ich habe es wieder und wieder geschaut, wie du im noch sommerlichen Herbste geschritten,
Durch rot-grün-braune und violette Blätterhaine,
Mit einem salamandergleichen Schritt durch das Weich-
bild geglitten,
Schon perlten mir Tränen, wie ich dich schaute, vor Freude ich heute noch weine.
Ob du mir noch zugelächelt, konnte ich aus der Entfernung nicht erkennen,
Du wendeste deinen Blick von mir weithin in eine ewige Ferne;
Ich wähnte uns schon beide gemeinsam durch die Wälder
rennen
voller Lebenslust und Hoffnung, der Sonne entgegen, der
Kometen und der Sterne.
Ich sah dich anderen mit deinen Armen und Händen entgegenwinken,
Jenen, welche deinen weiten Horizont einnahmen.
Ein Stechen in meiner Brust und ich begann dir ent-
gegenzuhinken;
Meine traurige Lebensfreude geknickt, ich glaube, meine Beine begannen sogar zu lahmen.
Doch endlich wieder kehrtest du deinen Blick mir
entgegen
Und eiltest mir zu mit einigen raschen Schritten;
Sogleich knospte in mir Hoffnung, es wuchs und keimte
und blühlte verwegen
Und schautest, wie wir beide, hoch zu Roß auf Schimmel durch die Wälder ritten.
Sogleich schenkte ich dir reichlich ein, einen randvoll gefüllten Kelch meiner immerwährenden Neigung
Und meines Vertrauens, für dich ganz allein,
Doch ganz plötzlich standen wir erstaunt und fast
verzweifelt vor einer Wegezweigung,
Schon jetzt entschied sich so unser gemeinsames getrenntes Wegesein.
Ich reimte dir noch einige schmale Verse über unser Neste,
Doch zog es dich dahin, dahin und fern von mir weg;
Du reichtest mir zum Abschied deine Hand und drücktest meine feste,
So daß ich schüchtern lächelnd und voller Verlegenheit
mit meiner Zunge über meine Lippen leck.
So schwandest du dahin, kaum daß wir verspürten unsere
Nähe,
Deine gereifte Jugend wärmte sich nicht mehr in meinen Armen;
Warum wünscht du es nicht mehr zu wissen, wie sehr tief ich auch noch heute für dich einstehe,
Du wunderliches Geschöpf, meine Liebe, meine Kleopatra,
Carmen.
Dieses Geschöpf eilte in Windeseile und weilig,
Für millionen Minuten dem Horizont entgegen;
Kein Winken zum Abschiede mehr, fürwahr du hattest es eilig,
Was mir blieb war ein Lächeln auf meinen Lippen, tat-
sächlich ich lächelte verlegen.
Gereifte Jugend, zehn Jahre waren dahingeschritten,
Zehn lange Jahre ohne dich gelebt und genossen,
Zuletzt auf einer schneebedeckten Eisfläche so lange ohne dich dahingeglitten,
Ohne Dich zehn zähe Jahre dahin und verflossen.
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