Die Welt - ein Täuschungshaus?

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Die Welt – ein Täuschungshaus?

Da sah ich doch in dem Prospekt,
Den mir die Postwurfsendung brachte,
Wie dort ein Bauer mit Respekt
Das Kalb liebkoste, selig lachte

Und das fast ganz sein Auge schloss,
Weil es so zärtlich angefasst,
Die Streicheleinheiten genoss
Und stillhielt – ohne Arg und Hast.

Darunter sah man – schön bebildert! –
Die Braten, Würste, Rindsrouladen,
Fein zugeschnitten, ausgeschildert
Als Angebote in dem Laden.

Auch liegen sie, die man liebkoste
Nach ihrem Tod in Überzahl
In Reih' und Glied als Eingedoste
In einem langen Kühlregal!

Sie warten aufs Verfallsdatum,
Wo man sich wenig um sie sorgt.
Das ist und bleibt ihr endlich' Fatum,
Danach werden sie still entsorgt.

Wie kann man denn ein Tier liebkosen,
Das man am Ende doch nur schlachtet
Und abgepackt in schönen Dosen
Verkauft, entbehrt, profitbetrachtet?


©Hans Hartmut Karg
2018

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Informationen zum Gedicht: Die Welt - ein Täuschungshaus?

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31.10.2018
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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