Die Überlebenskünstlerin

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Die Überlebenskünstlerin

Unsere alte Riesentanne brach ab im Sturm
Und ward nur noch halb so hoch.
Früher überragte sie alles wie ein Turm,
Denn da war sie Kaiserin noch.

Jetzt, halbtot, sollte man sie gar schon fällen,
Denn es sah nicht gut für sie aus.
Außerdem wollte man die Fenster wieder hellen
Und so die Fassade schützen am Haus.

Doch die Lebenskünstlerin ließ sich nicht beirren,
Am Boden gingen plötzlich viele Kinder auf.
Vogelschwärme konnten sie tagtäglich umschwirren,
Auf ihren Ästen gingen kleine Bäumchen auf.

Wie durch ein Wunder samte der Baum,
Als unten langsam schon Äste verdorrten.
So verwirklichte er seinen unbändigen Traum,
Noch viele Nachkommen am Fuße zu horten.

So ist das vielleicht mit der alten Generation,
Die das Neuaufstrebende hegend begleitet:
Sie will das Junge, Nachwachsende schon,
Während sie sich aufs Ende vorbereitet.


©Hans Hartmut Karg
2023

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Informationen zum Gedicht: Die Überlebenskünstlerin

41 mal gelesen
06.07.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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