Die Kartenlegerin

Ein Gedicht von Heinz Säring
Die Kartenlegerin, sie spricht:
"Nein, nein, die Karten lügen nicht!"
Der Spruch ist gar nicht mal so dumm,
denn seht: Die Karten bleiben stumm.

Wie könnten denn die Karten lügen?
Was hätten sie denn vom Betrügen?
Sind aus Karton, bedruckt und bunt,
dem ist's egal, ob wir gesund,

ob Glück wir in der Liebe haben,
ob man uns demnächst wird begraben,
wann wir gewinnen großes Geld,
ob schon der Klapperstorch bestellt?

Hat uns die beste Freundin satt,
ob sie schon einen andern hat?
Ob uns ein großes Leid geschieht
und, was uns sonst noch alles blüht?

Wie lang der Euro noch besteht,
selbst, ob die Welt bald untergeht?
Sei's Freude, sei es was zum Klagen,
die Karten können's uns nicht sagen!

Und darum stimmt es, wenn sie spricht:
"Nein, meine Karten lügen nicht!"
Die Karten freilich lügen nie.
Wenn einer lügt, dann ist es sie!

Informationen zum Gedicht: Die Kartenlegerin

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07.08.2011
Das Gedicht darf weder kopiert noch veröffentlicht werden.
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