Der Violinlehrer

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Der Violinlehrer

©Hans Hartmut Karg
2018

Privates konnte ich von ihm selten erfahren,
Da war er sehr diskret und schneckengleich.
Er war bereits ein Mann in späten Jahren,
Nicht wirklich arm – und auch nicht reich.

Nie hat er in den vielen Jahren krank gemacht
Und ist nie aus der Haut gefahren.
Er hat auch nie wirklich gelacht,
Nestelte manchmal nur in seinen grauen Haaren.

In Russland hatte er noch konzertiert,
Vom letzten Zaren ein Geschenk erhalten,
Die schwere Silberdose, die verführt
Zum Zigarettenrauchen, ehrbar gehalten.

Nie hat er mich durch eigenes Spiel brüskiert
Und nie beschimpft mein Geigenspiel.
Zum Üben hat er mich stets animiert
Und mir gezeigt, wie man erreicht recht viel.

Er faszinierte mich auch als Person,
Obgleich die Anzüge recht abgetragen
Und mein Gegeige war der arme Lohn,
Den er hier musste wohl ertragen....

Das war ja alles, nur nicht konzertant,
Was mir damals vom Bogen ging.
Doch er blieb immer ruhig und charmant,
Egal, wie ich an meiner Geige hing.

Niemals beleidigte er mich, mein Spiel,
Er ließ mich lernen, ohne zu belehren.
Und so erreichte er doch mühelos das Ziel:
Bis heute können Klänge mich entschweren.

*

Informationen zum Gedicht: Der Violinlehrer

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13.01.2018
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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