der tod des Sokrates

Ein Gedicht von marmotier
das urteil selbst war ungerecht.
ganz offenbar
war der orakelspruch, der Chairephon zuteil,
doch nicht genug,
die lang verdiente ehrung zu erweisen,
im prythaneion ihn zu speisen.

nur - was ist das: gerechtigkeit?
er fragte sich,
wie früher er die andern fragte
und tagelang stumm stand und sann.
liegt sie denn nicht verborgen
in der göttlichkeit?
die dinge selbst, um die wir uns bemühen,
wir ahnen nur ihr schattenspiel.

er weigerte die flucht,
unrecht zu tun ist schlimmer, als es zu erleiden.
recht ist nur das gesetz.
es zu verletzen, gilt es zu vermeiden.

war er nicht endlich frei?
vielleicht, dass sterben etwas gutes sei.
er war ein tapferer hoplit,
kämpfte im blut der phalanx mit
und sah der kameraden not.
was war dagegen schon der tod?

ein schlaf?
wenn man nicht träumt und nicht erwacht,
ist ewigkeit wie eine nacht.
und wanderte im reich des Hades man umher,
traf man vielleicht Orpheus, Hesiod, Homer.
welche gespräche würden sein!

er trank den schierlingsbecher aus
wie schweren wein.


Copyright © Marmotier 2013

Informationen zum Gedicht: der tod des Sokrates

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09.03.2013
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