Der letzte Kuss

Ein Gedicht von Peter Ebinger
Regen fällt im Januar
vor schmutzig-trüben Scheiben.
Der Schneemann war zum letzten mal
zu Gast, er kann nicht bleiben.
Wir liefen einst in stiller Nacht
auf glitzernd weißen Straßen,
die Schlittschuhbahn wo Unbeschwertheit
lachte - jetzt verlassen.
Ein Mann brach ein im Eis des Sees.
Ein warmer Sturm tobte im Park.
Sein Schrei ging unter im Getös'.
Ein Fisch war bei ihm als er starb.

Regen fällt im Januar
am Bergmassiv auf blanke Felsen.
Palmen wiegen sich im Tal
wo Möwen mit Flamingos stelzen.
Das Hotel ist feucht, steht leer,
und in den Zimmern wachsen Moose.
Am Empfang liegt faul ein Bär,
doch vom Portier nur noch die Hose.
Aus den Fluten brauner Flüsse
schauen Kirchturmspitzen raus.
Am Äquator schwarze Wüsten...
der Mensch - bedrohte Art - stirbt aus.

Regen fällt im Januar
durch zerbrochene Scheiben.
Der Schneemann war schon lange nicht
zu Gast, und so wird's bleiben.
Jetzt geht's hinaus zu den Planeten,
zu neuen Welten bläst das Horn.
Doch wo auch immer wir betreten
die nächste, es beginnt von vorn.
Ein letzter Kuss, Mütterchen Erde,
unser Verstand ist messerscharf.
Tief haben wir in dich gestochen -
ein letzter Kuss, nun schlaf.

Informationen zum Gedicht: Der letzte Kuss

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01.12.2015
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