Denken oder denken lassen?
Ein Gedicht von
Micha Schneider
Menschengeist, wo lenkst du hin,
wenn du all die Dinge liest,
jene mit und ohne Sinn,
all das, was den Tag vermiest?
Denkst du oder läßt du denken,
gehört dir noch dein eigen Hirn?
Läßt du dich von Fremden lenken
oder bietest du die trotz’ge Stirn?
Tag um Tag mit neuen Thesen
warnen sie vor Katastrophen:
„Glaub’ uns und du wirst genesen!“
klagt ihr Lied mit tausend Strophen.
Gletscherschmelze, Klimawandel,
Chlor im Wasser, Hungersnot,
Bankenpleite, Drogenhandel –
eigentlich bist du schon tot!
Jeden Tag ‘ne andere Sau,
die durchs Dorf wird neu getrieben.
Man bestimmt Dir laut: „Vertrau’,
weil du sonst bist abgeschrieben!“
Die Bestimmer sind die „Guten“,
laut sich sorgend um dein „Wohl“.
Doch Trompeten, die laut tuten,
müssen innen sein sehr hohl.
Besorgt nur um die eig’nen Quoten,
wenn sie leiten deinen Sinn.
Ähnlich wie Au-topiloten:
Wo, glaubst du, führ’n sie dich hin?
Nietzsche riet: „Ent- oder -weder
muß der Mensch sein wie ein Rad.
Sonst gerät er unter Räder,
findet nie den rechten Pfad!“
Mensch, benutz’ dein Hirn zum Denken!
so der Weisheit letzter Schluß:
Laß’ dich nicht von anderen lenken
und glaub’ ja nicht jeden Stuß!
© Micha Schneider
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