Seraf und Mädchen
1.
Fahles Schattenlicht im Morgengrau;
und fiebrig zittert Mondgeflimmer.
Ein Seraf auf Schätzchenschau,
in dem düstren Nebelzimmer.
Stöckelschuh' klappern auf dem Pflaster,
ganz eilig, trippelnd, und suchen Schutz.
Nebel gittert sich zum Raster,
färbt Alabasterweiß den Schmutz.
Es riecht nach Schweiß und Mädchenduft.
Der Seraf läuft stets drauf zu.
Noch schützt das Mädchen: die Lederkluft.
Doch auch ein Absatz, löst sich vom Schuh.
Vom Seraf die Flügelschwingen,
sich nun sanft ums Mädchen schlingen.
2.
Eingebettet, wie in weichen Daunen,
steigt das Mädchen, ohne Angst, in die Nacht.
Der Seraf, hält sie warm, die schöne Fracht.
Doch Sie ist viel zu müd' für's Staunen.
An ihrer Lippe liegt der Daumen;
und vom Seraf, die Flügel streicheln sacht.
Wie unbekannt liegt es auf dem Gaumen.
Dieser Geschmack, von so einer Macht.
Dunkler Wind zischt mit einem Raunen,
durch die nasse, weiße, Nebelnacht.
Und stößt starkkräftig mit seinen Launen,
an Serafes Flügeln. Bis Sie erwacht.
Erschrocken schaut Sie: mit Augen groß;
und stammelt " menschliches Pegasus - Ross?"
3.
Der Seraf schickt die gedanken,
golden, violett, in ihren Kopf.
Ihr vor diesem Licht - Sinne schwanken;
dass Sie mit Haar spielt und dem Zopf.
Dann die Silberspur: von Hals bis Schopf,
als würden Sterne davon tanken.
Doch an dem Seraf sind ranken;
die sich einnähen, wie ein Knopf.
Der Seraf zerfällt, wie Nebeltau;
und das Mädchen spürt am Rücken,
so ein Krabbeln, wie von Fliegen, Mücken.
Die Sinne schwinden, werden flau,
schmerzhaft wird das Rückenzwicken.
Und verändert ist ihr Körperbau.
4.
Nun hat das Mädchen Schwingen
und der Seraf, ist nur ein Hauch.
Das Fliegen tut gelingen.
Nur ihre Landung war im Strauch.
Da flog in Kreisen: kleiner Rauch;
und 'ne Stimme tat eindringen.
Fast klang sie so, wie Singen.
Doch Flüsterleis' war sie auch.
" Mädchen du! Serafin nun.
Dies ist mein Geschenk an dich.
Nach vielen Jahren muss ich ruh'n.
Doch meine Kraft hilft sicherlich."
Serafin! Violett und Gold.
Das Geschenk war nicht gewollt.
5.
Das Mädchen weint ganz ohne Tränen,
denn als Serafin gibt's das Weinen nicht.
Nicht einmal das Lachen kann sich dehnen.
Serafin du! mit blassem Gesicht.
Jetzt fliegst du schneller, als jede Zeit
und verteilst: das stille, stille Glück.
Die Flügel passen gut zum Lederkleid.
Doch lieber gäb'st du sie wieder zurück.
Wie ein Polarlicht, fällst du manchmal auf,
wenn du dich, mit Flügelschlag erhebst.
Serafin! stiegst du nicht zu hoch hinauf.
Serafin du! - weißt gar nicht ob du lebst.
All die schönen Lichter sind zuhauf.
Doch das Vergessen kommt, wenn du schwebst!