Was nie wird

Ein Gedicht von Ralph Bruse
Fern, so fern, die Insel Rügen...
Da wollten sie nur einmal hin;
Stunden würden schon genügen:
alle Sorgen aus dem Sinn -
nah der Brandung, fern dem Morgen;
Joschi nah bei ihr, im Sand.
Säuselnd in der Nacht geborgen
und sie zwei allein am Strand.

Ach, Joschi...

Als wackle sie im schwachen Wind,
so steht sie seufzend hier.
Beugt sich schließlich zu dem Kind
und säubert dessen Kuscheltier.

Der Winter, hier, war hart und gründlich.
Die Kreuze sind verwittert.
Doch jetzt scheint Sonne.
Täglich. Stündlich
kommen Leute;
viele traurig und verbittert.

Joschis´ Kreuz steht erst seit Wochen.
Dünn, lackiert. Aus Fichtenholz.
Wird sie darauf angesprochen,
schweigt sie;
weint nie.
Erst viel später,
zuhaus;
gebrochen aller Stolz -
weint sie, so laut sie kann!

Heute harkt sie dürres Laub.
Morgen kommt sie wieder.
Knickt ein Kreuz in Sturm und Staub,
beugt sie sich zu ihm nieder.

Im Sperrmüll lag ein schöner Bär.
Den schenkt sie jenem Kind.
Dann hockt sie sich zu Joschi her,
mitten in den Wind;
setzt sich zwischen Armengräbern
auf die eine, kalte Bank
und träumt minutenlang,
oder Stunden,
auch nachts, in ihrem Zimmer -
also: immer.

*

Weit, so weit, die Insel Rügen.
Da treibt sie alle Sehnsucht hin.
Joschi, sie - im Schlafsack drin
und nur sie zwei allein am Strand.

Joschi...?


(c) Ralph Bruse

Informationen zum Gedicht: Was nie wird

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06.08.2023
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