Die letzte Seite
Die letzte Seite.
Poesie von Pitt
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Als ich ihn bekam, den kleinen schwarzen Block, da war ich grad im sechsten Jahr.
Wer ihn mir hat gegeben, das weiß ich heut nicht mehr!
So neu und unbeschrieben, die Seiten noch unberührt.
Der, der ihn mir hat übergeben, sagte mir, die Blätter dieses Blocks werden niemals leer.
Jede Seite ist für einen Tag in deinem Leben vorbestimmt.
Die letzte Seite, die wird es auch noch geben, nur wann, das weißt du nicht?
Ich begann, was man mir hat aufgetragen.
Für jeden Tag in meinem Leben, hab ich geschrieben jedes Wort, was geschah.
Ich hab geschrieben, was ich erlebte, gutes und auch böses.
Mein kleiner schwarzer Block half mir, meine Probleme zu lösen.
Ich wurde älter und mein Block nahm an Blätter stetig ab.
Hab mir ein liebes Mädchen zur Frau genommen.
Wurde Vater von zwei wunderbaren Kindern, im Beruf, da lief es wirklich richtig gut.
Keine Sorgen, Geldnöte nie gekannt, ein Haus gebaut und dabei nie aufs Geld geschaut!
Mein schwarzer Begleiter hielt immer still, wenn ich in ihn hab beschrieben!
Die Jahre gingen dahin, ich gab nicht acht.
Die Haare grau, die Kinder groß, meine Frau gegangen, ich bin in meinem Alter gefangen.
Er liegt vor mir, der schwarze Block, so schäbig, abgegriffen mit nur noch einem Blatt.
Meine alte Hand kann den Stift nicht mehr halten, sie zittert, zu schwach, um zu schreiben.
Mein Augenlicht so verschwommen, was geschieht mit mir?
Dann plötzlich, ich seh die letzte Zeile auf dem alten Stück Papier.
Ich lese sie glasklar, die Worte, die dort geschrieben!
,, Zu Ende ist nun dein langes Leben, mach die Augen zu und leg dich zur Ruh!“
Der Stift fällt aus meiner alten Hand, mein Kopf so leer.
Die letzte Seite beschrieben, mich gibt es nun nicht mehr!
Hab gelebt mein langes Leben,
jetzt werd ich den schwarzen Block mit neuen Blättern jemand anderem geben.
© Nach einer Idee von Pitt