Die Sucht

Ein Gedicht von Michael Bürkle
Die Sucht

Jeden Morgen in der Frühe,
macht ein Vöglein sich die Mühe,
mich mit flüsterleisen Klängen,
direkt aus meinen Schlaf zu drängen.

Kein Vogel, nein, ein Klingelton.
Der kommt aus meinem Telefon.
Dann touche ich meist auf den Screen
und snooze mich nochmal ganz kurz hin.

Kurz darauf erwacht das Leben.
Das WLAN ist jetzt freigegeben,
welches sich auch gleich verbindet
und checkt ob es ein Update findet.

Wie soll den heut das Wetter sein?
Ich gib das mal bei google ein.
Sofort mir Sirri dann verspricht,
kein Wölkchen wäre heut in Sicht.

Die Zeitung les ich auf dem Trohn,
mit epub Reader geht das schon.
Dort gibt es eine Menge News,
die man einfach wissen muss.

Die Smartwatch noch schnell angelegt,
bin ich heut morgen fast zu spät.
Doch darf ich eines nicht vergessen,
für die Statistik, Puls noch messen.

Kaum bin ich dann die Treppe unten,
ein Hotspot wurde aufgefunden
und lautstark und mit ganzer Kraft,
er auch das letzte Update schafft.

Jetzt fordert Whatsapp noch mehr Rechte.
Als ob ein NEIN hier etwas brächte.
Eröffne ich mein Geisteswerk,
vertrauensvoll dem Zuckerberg.

Jetzt vibriert das Ding noch mehr,
oh schreck gleich ist der Akku leer.
Die Panik steht mir im Gesicht,
die Powerbank , ich find sie nicht.

Bevor ich in den Zug nun geh,
ein Ticket zieh, per NFC.
Ach du schöne Online Welt,
wer braucht den da noch bares Geld.

Im Zug der Schaffner vor mir steht,
mein Ticket auf dem Endgerät,
aus meiner Tasche hol ich‘s raus,
da gehn ihm grad die Lichter aus.

Der Schaffner meint: „is kein Problem
Ich kann's bei mir am Tablet sehn“.
Mit dem Server er sich gleich verbunden,
hat er mich auch spontan gefunden.

Nun setzt ich mich auf meine Bank,
das Smartphone leer, ich fühl mich krank.
Hab ich bisher noch nichts getrunken!
Die Uhr hats grade rausgefunden.

Ohne Handy, Facebook und auch Twitter,
ohne Komunikativgewitter,
muss ich heute neue Wege gehn
und einfach aus dem Fenster sehn.

Was ich erblick, das macht mir Sorgen.
Die Generation von heute und morgen.
Das leuchten in den Augen seh,
jeder für sich, in full HD.

Im Zug hör ich so manches lachen,
Youtube möcht sie glücklich machen.
Mit fakes und pranks erreicht man Massen
und füllt damit die eignen Kassen.

Ich „lol“ mir eins, weil ich nun find,
das wir wohl alle süchtig sind.
Denn eines könnt ihr wirklich glauben,
das wir uns, unserer Zeit berauben.

Die Mediawelt, die ist schon schön,
wenn wir nicht an die Grenze gehen.
Und nutzen Sie im richtgen Maß,
dann macht das alles wirklich Spaß.

© MB

Informationen zum Gedicht: Die Sucht

97 mal gelesen
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05.09.2017
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Michael Bürkle) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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