Wallenstein und die Jugend
Ein Gedicht von
Micha Schneider
Auch in Schillers „Wallenstein“ spricht man von der Tugend.
Diese, klagt der Feldherr laut, mangele der Jugend.
Oftmals scharf wie Messers Schneide, so der General fährt fort,
sei sie schnell und leichten Fußes mit der Tat und mit dem Wort.
Nehme Maß nur an den Dingen, die von ganz allein sich richten.
Und das heißt, sie denke niemals bis in allertiefste Schichten.
Seit den Zeiten Wallensteins läßt sich Folgendes beäugen:
Jugend ist mit Klug- und Weisheit nur recht schwer zu überzeugen!
Guter Rat ist immer teuer, wenn die Jugend ihn mißachtet.
Weil sie glaubt, daß jeder Ratschlag nur nach ihrer Freiheit trachtet.
Eltern, die sich Sorgen machen, sind aus deren Sicht nur „kleinlich“.
Und der Eltern Jugendsünden finden ihre Kinder „peinlich“.
Klotzig sind des Sohnes Schuhe, die wohl für den Sport gemacht.
Drüber schlabbern Pluderhosen – wehe, wenn der Vater lacht!
Tochter zeigt auf grünem Haarschopf stolz die „coole“ neue Kappe.
Mancher, der darüber spottet, kriegt dafür was auf die Mappe.
Wenn Mama sie dann betrachtet, im Gesicht Verdrossenheit,
lachen frischgepiercte Lippen über Mutters „Spießigkeit“.
Daß Geschmäcker sind verschieden, wußte auch Herr Wallenstein.
Denn schon damals galt das Motto: Jugend will stets anders sein!
Doch bevor die Jugend schwindet, ist verblüht schon ihre Mode,
weil seit Tausenden von Jahren Mode blutjung kommt zu Tode.
So verschwinden Mensch und Moden, niemals aber Spott und Hohn.
Aus den Kindern werden Eltern – das ist der gerechte Lohn!
© Micha Schneider