Nikolaus von Myra
Ein Gedicht von
Micha Schneider
Im Jahr Dreihundertdreiundvierzig
verstarb ein Mann mit über Siebzig.
Der Greis, dem ging der Atem aus,
tat Wunder und hieß Nikolaus.
Das Reich in West und Ost geteilt,
worüber Rom nicht sehr erfreut:
Denn Caesar Ost lud gern zum Tanz
in eine Stadt namens Byzanz.
Dort liebte, aß und trank man viel,
vergnügte sich beim Kartenspiel
und feierte zum Klang der Lyra –
derweil man Hunger litt in Myra.
In Myra lebte Nikolaus
als Priester nicht in Saus und Braus,
erweckte Tote, half den Kranken,
verwies die Reichen in die Schranken.
Bewahrte einen Delinquenten,
daß sie den Kopf vom Rumpf ihm trennten.
Frech klaute er des Kaisers Korn,
erregte dennoch keinen Zorn.
Und weil er stets beim Helfen eilig,
war Nikolaus schon sehr bald heilig.
Deshalb kam seiner Karriere
als Bischof nichts mehr in die Quere.
Doch auch ein Wundertäter in der Not
ist eines Tages plötzlich tot.
Dezember war’s, der sechste, glaubt man,
als Niko starb, des Bistums Hauptmann.
Im roten Mantel, roter Hos’
kennt man ihn heut’ als „Santa Clause“.
Man nennt ihn auch den „Weihnachtsmann“,
der alles weiß und alles kann.
Den „Kids“ weltweit bringt Klaus Geschenke,
manchmal sogar US-Getränke.
All jenes wird von ihm vollbracht
einzig in einer Winternacht.
Ganz sicher weiß man eine Sache:
Altgriechisch war wohl Nikos Sprache.
Er ging zu Fuß mit schweren Schritten
und flog auch nicht im Rentierschlitten.
Selbst wenn ihr euch darüber wundert:
Wo Niklaus lebte nach Dreihundert,
war es nicht arktisch, sondern heiß,
doch niemand trank dort Coke on ice!
Nikolaos hieß er und nicht „Santa“,
lebte in Myra, weit von Atlanta.
Er wirkte in Kleinasiens Städten,
nicht in L.A. oder Manhattan.
© Micha Schneider