Einsam auf der Ackerkrume
Ein Gedicht von
Micha Schneider
Einsam auf der Ackerkrume
blüht – oh Wunder – eine Blume.
Gelb gefärbt und stolz gereckt,
sie zwei Blätter von sich streckt.
Wie den Weg sie fand hierher,
weiß die Blume auch nicht mehr.
Freut sich, daß sie hier allein,
ohne Konkurrenz zu sein.
Pollensaugend’ Fluggetier
landet ausschließlich auf ihr.
Schmetterling und auch die Hummel
fühlen sich wie auf ‘nem Rummel:
Nektar saufen, Pollen fressen,
nicht zu viel, das wär’ vermessen!
Nebenbei tragen die Gäste
Blütenstaub zum nächsten Feste.
Denn auch die erwähnte Blume,
die so einsam in der Krume
jenes Ackers Boden steht,
will ja, daß es weitergeht.
Sie mag schon, daß ihre Art
weiterblüht, wenn auch nur zart.
Gibt deshalb gern Pollenstaub,
fördert gar solch frechen Raub.
Lockt Insekten und auch Vögel,
reckt empor die Nektarkegel,
blüht so gelb, als sie nur kann –
wie es die Natur ersann.
Deshalb laßt die kleine Blume
dort auf ihrer Ackerkrume!
Denn sie tut ja niemand weh
bis sie endet unter Schnee.
© Micha Schneider